Nach ihrer Neujahrsklausur präsentierte die SPÖ ihre Schwerpunkte für 2023. Darunter: Eine Allianz von europäischen Staaten, um die „irreguläre Migration“ zu beenden.
Wien/Klagenfurt, 05. Jänner 2023 | Die SPÖ-Spitze hat am Donnerstag nach ihrer Neujahrsklausur in Kärnten zum Thema „Soziale Politik für Österreich“ fünf Schwerpunkte vorgestellt, die sie sich für 2023 gesetzt hat. Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner, Wiens Stadtchef Michael Ludwig und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser präsentierten gemeinsam die Forderungen und Vorschläge in den Bereichen Teuerung, Bildung, Gesundheit, Pflege und Migration. Es seien Themen, mit denen die Menschen „in den letzten Monaten allein gelassen“ worden seien, so Rendi-Wagner.
Um „mögliche Fragen zur Finanzierbarkeit“ diverser Forderungen vorwegzunehmen, deutete Kaiser ein Plädoyer für eine Vermögenssteuer an: Die 99 Reichsten besäßen so viel wie 5,5 Millionen Menschen in Österreich zusammen.
Mehrwertsteuerstreichung und Preiskontrolle
Zu den beiden Themen, die in der Innenpolitik derzeit beinahe täglich Thema sind, sprach dann auch die Parteichefin. Man fordere weiterhin eine nationale Gaspreisbremse, „um eine ganz klare nachhaltige Entlastung und Preis- und Inflationsdämpfung zu erwirken.“ Weiteres Entlastungspotential sieht die SPÖ darin, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel temporär auszusetzen.
Außerdem plädiert die SPÖ dafür, eine Preiskommission einzusetzen, die von den Sozialpartnern beschickt werden und dem Nationalrat Bericht erstatten soll. Diese soll die Preisentwicklung bei Lebensmitteln, Energie und, wie schon bisher, bei Spritpreisen beobachten und verhindern, dass diese „ungerecht“ teuer werden.
Rendi-Wagner: „Asylsystem funktioniert nicht“
In Sachen Migration fordert die SPÖ, dass Asylverfahren möglichst schnell außerhalb der europäischen Grenzen abgewickelt werden, um „die Kontrolle über irreguläre Migration“ zurückzugewinnen. Es brauche Humanität auf der einen Seite und eine europäische Lösung auf der anderen Seite, sagte Rendi-Wagner.
Dazu schlägt die SPÖ vor, nicht erst auf eine gesamteuropäische Einigung zu warten. Stattdessen solle man mit anderen gleichgesinnten und ähnlich betroffenen europäischen Ländern eine Allianz schließen, etwa mit Deutschland, der Schweiz, später dann eventuell ausgeweitet auf die Niederlande, Spanien und Dänemark. Als Allianz solle man dann an Herkunfts- und Transitländer herantreten und „Kooperationsangebote“ machen. So solle im Fall von negativen Asylbescheiden eine rasche Rückführung, im Falle positiver Entscheidungen aber auch ein rascher Weg nach Europa möglich sein.
Kaiser: „gelenkte Arbeitsmigration“
Die SPÖ plädiert außerdem dafür, Menschen, die als „Wirtschaftsflüchtlinge“ gemeinhin einen schlechten Ruf haben, für die wirtschaftlichen und demografischen Herausforderungen zu nützen, die auf Österreich zukommen. Die Geburtenrate sinke seit Jahrzehnten, so Ludwig. Wenn die Babyboomer in Pension gingen, kämen wesentlich weniger Menschen auf den Arbeitsmarkt nach.
Kaiser plädierte dafür, Migration vor diesem Hintergrund als Chance zu verstehen: „Man könnte das unter Einbindung der Sozialpartner zu einem gesteuerten Prozess machen und gelenkte Arbeitsmigration schaffen.“
Fokus auf Elementarpädagogik
Der studierte Pädagoge Peter Kaiser stellte das Programm der SPÖ im Bildungsbereich vor. Er nützte die Gelegenheit genau zwei Monate vor der Kärntner Landtagswahl, die Erfolge der SPÖ im vergangenen Jahr hervorzuheben. Man habe etwa den Zugang zu Elementarbildung schrittweise günstiger und schließlich völlig kostenfrei gemacht und die Löhne für Elementarpädagogen angeglichen. Die SPÖ möchte nun für bedeutende Änderungen auch auf Bundesebene eintreten.
Allen voran fordert die SPÖ, dass die „Kindergartenmilliarde“, zu der es aus „bekannten Gründen“, wie Kaiser sagte, in der Ära Kurz letztlich nicht gekommen sei, realisiert wird. Wie „Der Standard“ analysierte, hatten Kurz und Co. die zwischen Kern und Mitterlehner diskutierten Mittel für den Bildungsbereich allerdings nicht verhindert. Aufgrund diverser Umstände gab es letztlich aber de facto weniger Geld. Die SPÖ möchte jedenfalls, dass die Elementarbildung österreichweit kostenfrei wird, damit es gerechteren Zugang zu Bildung gebe. „Bildung ist eine der wichtigsten Anforderungen für die Zukunftsgestaltung“, so Kaiser. Außerdem fordert sie, dass daran gearbeitet wird, den Beruf attraktiver zu machen.
„Gemeinsames Vorgehen“ bei Gesundheit und Pflege
Das Thema Gesundheit und Pflege oblag dann wohl auch nicht zufällig dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Wien ist während der Pandemie mit seinem vorsichtigen Kurs aufgefallen und das größte Krankenhaus des Landes ist auch hier angesiedelt. Ludwig sagte, man erwarte sich vom Bund nicht nur finanzielle Unterstützung dabei, die Probleme im Gesundheitswesen zu beheben, sondern auch gemeinsames Vorgehen.
Bei der Pflege brauche es zusätzliche Ausbildungsplätze, außerdem plädiert die SPÖ dafür, den Beruf als Schwerarbeit anzuerkennen. „Das würde, wie ich meine, auch der Praxis der meisten Menschen, die dort tätig sind, entsprechen“, so Ludwig. Die SPÖ fordert auch mehr Ausbildungsplätze für Ärzte in Bildungseinrichtungen und in Spitälern. Außerdem betont sie die geänderten Ansprüche des Nachwuchses an einen Arbeitsplatz und dementsprechende strukturelle Veränderungen.
SPÖ zeigt sich vereint
So knapp vor der Landtagswahl am 5. März konnten sich die anwesenden Journalisten Fragen danach nicht verkneifen. Rendi-Wagner lobte Kaisers Arbeit, der nach der Zeit von FPÖ und BZÖ den „Scherbenhaufen“ mit „ruhiger, sachlicher Hand“ beseitigt habe. Auf ein prozentuelles Ziel wollte sie sich nicht festlegen. Kaiser hingehen antwortete mit seinem „Standardsatz“, wie er sagte: „Es soll jedenfalls ein Vierer vorne sein.“ Er sei froh über den Rückenwing auf Bundesebene.
Etwaige Konflikte mit und um Burgendlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wollte die SPÖ nicht bestätigen. Es sei ihm jederzeit freigestellt, wieder ins Präsidium zurückzukehren – er war 2021 ausgetreten – und er sei dieses Mal wie bei der vorhergegangenen Klausur auch eingeladen gewesen. Doskozil hatte stets gefunden, dass der SPÖ eine Linie beim Thema Migration fehle.
(pma)
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