Freitag, April 19, 2024

Teil 24: Die Akte Martin Ho

In einer neuen ORF1-Doku blicken die Macher auf Martin Ho. Wer ist der Gastro-Multi, der vor Gericht gegen ZackZack wegen einer Drogenrecherche verlor? Portrait mit neuen Details zu schillernden Abendtreffen.

Benjamin Weiser

Wien, 18. Jänner 2023 | „Der raketenhafte Aufstieg des Szenewirts Martin Ho (bürgerlicher Name: Anh Tuan Ho) scheint ein jähes Ende gefunden zu haben“. So lautet die Ankündigung der Doku „Der talentierte Herr Ho“ (Mittwoch, 18. Jänner, 21:05 Uhr, ORF1) in der auch ZackZack vertreten ist. Produziert wurde der Film von der Firma Holyscreen, die von den Journalistinnen Marlies Faulend, Elisabeth Pfneisl und Hubertus J. Schwarz geführt wird.

Steil nach oben

Wer ist Martin Ho? Was steckt hinter seiner aktuellen Krise? Mit nur 19 Jahren eröffnet der gebürtige Vietnamese sein erstes Wiener Lokal. Unterstützt wird er dabei mit Startkapital seiner Familie. Experten wissen: Wer Anfang der 90er in Vietnam bei schwacher Währung und hoher Inflation Geld hat, ist eher eine Ausnahmeerscheinung. Doch Ho erzählt gerne die Geschichte bescheidener Verhältnisse. Er will sich hochgearbeitet haben.

Rund 16 Jahre später betreibt er einige der angesagtesten Nachtlokale in Wien, etwa den Technoclub Pratersauna oder den exklusiven Mitgliederclub X. Dabei stellt er sich äußerst geschickt an, eröffnet ein Restaurant, eine Bar nach der anderen. Und er hat einen guten Draht zu Politik, Wirtschaft, High Society und Medien. Prominente gehen ein und aus.

Die vietnamesische Botschaft bezeichnet Hos Dots-Gruppe als einen herausragenden Erfolg. Hos Vater soll einem Beitrag der Botschaft zufolge die Aufgabe verfolgt haben, „internationale Freunde“ zu gewinnen – „Wenn ich es nicht geschafft habe, wird mein Nachkomme dafür sorgen müssen“. Bei einem Regierungsempfang des damaligen vietnamesischen Premiers in Wien im Jahr 2018 schafft es Ho Junior, neben Kurz in der ersten Reihe des Begrüßungskomitees zu stehen.

Kritische Berichterstattung, so sie stattfindet, wird geklagt, dementiert oder mit großen Boulevard-Interviews über Ladeneröffnungen geschickt gekontert. Eine Zeit lang sieht es so aus, als wäre der Wirt medial sakrosankt.

Verhängnisvolle Corona-Pandemie

Mit Kurz und Gernot Blümel ist Ho eng verbunden, gerade auch als die beiden zu den einflussreichsten Politikern des Landes gehören. Ho wird von Kurz in dessen Zeit als Außenminister sogar zum Integrationsbotschafter gemacht. In der Coronakrise wiederum scheint der Gastro-Unternehmer stets gut über Corona-Maßnahmen informiert zu sein. Er behauptet zwar, kein Insiderwissen zu haben, was jedoch durch zahlreiche Aktionen erheblich in Zweifel gezogen wird. So dürfte Ho einen niedrigeren Steuersatz für die Gastro bereits zu einem Zeitpunkt verrechnet haben, als das entsprechende Gesetz noch gar nicht beschlossen war.

Im Laufe der Pandemie wundern sich viele, dass Ho so gut bei den Coronaförderungen aussteigt. Millionenbeträge fließen in einige seiner Läden, was ihm später zum Verhängnis wird. Ehemalige Mitarbeiter und Insider melden Verstöße, das Arbeitsmarktservice (AMS) zeigt ihn wegen mutmaßlichen Förderbetrugs an, wie das Magazin „Dossier“ berichtet.

Schon im ersten Corona-Lockdown macht Ho Schlagzeilen. Lieferungen nach Hause sind erlaubt, während in Lokalen selbst Gastroverbot gilt. Doch in Hos „Dots im Brunnerhof“ steigt eine Drogenparty, die von der Polizei jäh beendet wird. Ein für Wirecard einst rabiat vorgehender Detektiv will bei der Razzia mit Bargeld abhauen, wird aber wieder ins Lokal zurückbeordert. Für Ho ist das so unangenehm, dass er behauptet, er habe mit der Party im eigenen Laden nichts zu tun und bereits zum Zeitpunkt der Razzia geschlafen. Chats, die ZackZack vorliegen, zeigen aber: Ho hat die Party selbst mitorganisiert und sich noch nach Mitternacht informiert, wie sie läuft: „War’s wenigstens lustig? Hab dir eh um 1 geschrieben.“

Am nächsten Tag hält er per Chat fest, trotz der Razzia ins Kanzleramt zu Kurz eingeladen worden zu sein. Den damaligen Kanzler scheint der Trubel nicht an einem Treffen zu hindern. Ho: „Ich hab dann erzählt, wie es war. Gelacht. Mich entschuldigt. Dass sein Name deshalb wieder fällt. Absolut kein Problem, ist er gewohnt. Hat mich eingeladen und gebeten, eine Runde von Spezialisten für die Nachtgastro zusammenzustellen. Und ins BKA (Bundeskanzleramt, Anm.) kommen, um eine Lösung für Nachtgastro zu entwickeln.“

Zwischen Promi-Treffen und Drogenrecherchen

Kurz, aber auch Ex-„Presse“-Chef Rainer Nowak sind immer wieder zu Gast bei Ho. Und sie werden beide in einer brisanten eidesstattlichen Erklärung genannt, die ZackZack ebenfalls vorliegt. Das „Zoom Institute“ veröffentlicht dazu ein Foto von Kurz, Ho und Nowak mit einer unbekannten weiteren Person. Kam es in jener Nacht im Herbst 2017 vor der Nationalratswahl zum Kokainkonsum, wie eine anonyme Quelle in der Eidesstattlichen nahelegt? Nein, sagt Ho. Mit Drogen will der Gastro-Multi nichts zu tun haben, weder mit Konsum noch mit Handel. Vor Gericht gibt er immerhin Treffen in seinen Lokalen mit Kurz beziehungsweise Nowak zu.

Sebastian Kurz‘ ÖVP verfolgt im Wahlkampf 2017 eine restriktive Drogenpolitik. Im Wahlprogramm heißt es: „Das Dealen mit harten Drogen soll beispielsweise in jedem Fall mit Freiheitsentzug bestraft werden und es soll hier auch keine Chance auf Bewährung oder Diversion geben.“ Monate später wird Kurz Kanzler, sein Draht zu Ho bleibt bestehen. Wie passen die zahlreichen Geschichten rund um Drogenhandel und Drogenpartys während des Lockdowns in den Ho-Lokalen mit der restriktiven Linie des Ho-Freunds Kurz in Sachen Drogenpolitik zusammen? Dazu gibt es bislang keine Antworten auf eine ZackZack-Anfrage. Rainer Nowak wiederum lässt via Rechtsanwalt mitteilen, er habe „keinerlei Wahrnehmungen zu einem etwaigen Suchtmittelkonsum.“

Die ZackZack-Berichterstattung über organisierten Drogenhandel in Hos Pratersauna ärgert den Szenewirt so sehr, dass er mit einer Einschüchterungsklage („SLAPP“) aufhorchen lässt. Unterstützung bekommt er von China-Lobbyist und Anwalt Georg Zanger sowie dem ÖVP-nahen Lobbyisten Wolfgang Rosam. Im Falle eines juristischen Sieges will man von ZackZack eine Million Euro – für die „Wiederherstellung des Rufes“ von Ho. So jedenfalls steht es in einem fehlerhaften „Gutachten“, bei dem sich die Ho-Vertreter uneinig sind, ob es ein Gutachten oder ein Kostenoffert ist.

Ho scheitert schließlich bis zur letzten Instanz. Der Oberste Gerichtshof stellt gar fest, dass man Ho im Zusammenhang mit dem Artikel „Die Ho-Kain Affäre“ als Drogenhändler bezeichnen kann, wobei dies freilich nur als Werturteil im Sinne einer Verdachtsberichterstattung und nicht als Tatsachenbehauptung zulässig ist.

Illustre Netzwerk-Treffen

Ho ist so gut vernetzt, dass er im Jahr 2018 ein Treffen, das ÖVP-Investor Alexander Schütz und Ex-Novomatic-CEO Harald Neumann veranstalten, in seinem Lokal One o One ausrichtet. Offenbar ist Ho nicht für die Bewirtung zuständig, sondern selbst Teilnehmer. Schütz schreibt laut Ermittlungsakten an Neumann: „Habe Martin Ho auch eingeladen“.

Neben Ex-FPÖ-Mann Johann Gudenus und Ex-ÖVP-Minister Gernot Blümel sind auch der damalige Wirecard-Chef Markus Braun, Serbiens Präsident Aleksandar Vučić, zahlreiche Schütz-Geschäftspartner wie Milliardär Christian Angermayer, oder auch ein Vertreter des umstrittenen Finanzriesen Blackrock eingeladen. Einer der Geladenen sagt zu ZackZack, es sei in der Finanzbranche ein offenes Geheimnis gewesen, dass es in Wien immer die größten Partys gegeben habe. Das sei aber nicht sein Zugang zu etwaigen Geschäften, so der Mann, der nicht genannt werden will.

Steil bergab?

Jetzt steht der kreative und bis dato erfolgreiche Unternehmer Martin Ho vor schwierigen Zeiten. Wie geht es weiter mit dem Mann, dem bis vor nicht allzu langer Zeit alles zu gelingen schien? Mittlerweile hat ein älteres Familienmitglied zahlreiche Firmenanteile übernommen, ein Geschäftspartner die Geschäftsführung in Ho-Lokalen. Ho spricht unterdessen von „Expansion“. Er wolle Läden in Miami, New York und Dubai eröffnen. Ob er in den Emiraten auf Neo-Geschäftsmann Kurz, der dort aktiv ist, treffen wird, ist nicht überliefert.

Aber was wird aus Hos Wiener Läden im Lichte der laufenden Betrugsermittlungen? Die ORF1-Doku lässt auf einige Fragen Antworten geben, Zeugen, Journalisten, AMS-Chef Johannes Kopf und Ho selbst zu Wort kommen. Fest steht: Hos Imperium wankt.

Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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30 Kommentare

  1. Wer zuletzt lacht, lacht am Besten… “Ho Ho Ho!”

    Schön dass es noch Karma gibt und am Ende jeder vom hohen Ross fällt.

    Außer Sobotka, der muss irgendeinen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben 🔥

  2. Man staune schon über die Kondition vom Kurzkanzler. Einige Tage vor der Wahl putzmunter in der Pratersauna zu sein, und paar Stunden später wieder wahlkämpfen. Alle Achtung, scheint wirklich ein Wunderwuzzi zu sein.

    • Ja, diese zeitliche Nähe hab ich auch erst durch die Doku erfasst. Das ist mir bislang nicht aufgefallen. Bemerkenswert. Man erhält den unbestimmten Eindruck, dass er außer Auftritten und Vergnügungsritten gar nichts gemacht hat.

      Soll er vor Gericht einstens zugeben, dass er nichts je selbst entschieden hat, sondern nur Marionette war.

    • Koks soll ja eine stimulierende Wirkung haben, wurde mir ganz unpräjudiziell und völlig kursorisch zugetragen.

    • Wenn man nichts anderes macht… finde ich ist das keine Kunst. Frag mal eine alleinerziehende Mutter was sie davon hält.

      Eigentlich ein Witz das so ein Mensch ein Volk vertreten soll. Das einzige was Kurz jemals gelernt hat ist zu lügen und sich selbst zu vermarkten.

      Hallelujah ✨

  3. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, das die entsprechenden Behörden ausnahmsweise mal die richtigen Schritte setzen und dem HoHoHo als erstes der Reisepass abgenommen wird, sonst setzt der sich mit Sicherheit ins nicht ausliefernde Ausland ab.

  4. Ich gatuliere auch. Ohne zackzack hätte es diese Zusammenfassung im ORF-TV nicht gegeben. Und zackzack ist auch zum ersten Mal im ORF-TV prominent vertreten gewesen. Das ist nun schon als Erfolg zu werten. Und spricht für die journalstische Hintergrundarbeit, die auch vor Gericht gewürdigt wurde.

    Danke. Und herzlchen Glückwunsch.

  5. Gratulation an Benjamin Weiser. Genau so funktioniert guter Journalismus. Natürlich auch Dank an das gesamte ZackZack Team. Die ORF Doku, mit der Beteiligung von Benjamin Weiser, war die Beste, welche ich seit langer Zeit, als sehr gelungen bezeichnen würde.
    Bitte macht so weiter, wir brauchen Euch. <3

  6. Dem Fass den Boden schlägt wohl die Tatsache aus, dass diesem internationalen Drogenhändler und Geldwäscher, 3 Mio unserer Pöbelsteuergelder in der Covidzeit zuteil wurden. Mit den Sperrzeiten wurde es in seinen Lokalen ja auch nicht so genau genommen…
    Es sollte hier dringend heller werden!

    • wir dürfen uns bedanken beim bleaml und beim wirtschaftskämmerer der nation mahrer.
      btw, 1 mann firmen die nicht mind 5000€ pro monat netto hatten, bekamen von der cofag: null komma josef.

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