Die Einstellung zu Corona-Maßnahmen könnte noch länger eine Rolle bei politischen Entscheidungen der Bürger spielen, glaubt Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik.
Wien | Was die ÖVP nach der Landtagswahl in Niederösterreich laut vermutet hat, hat Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik von der Uni Wien Montagabend mit einer Grafik bestätigt: „Der Impfstatus gibt uns eine gute Vorhersage darüber, ob jemand die FPÖ wählt.“ Die Einstellung zu Covid-Maßnahmen und Impfstatus sei eine politisch sehr wichtige Erklärungsvariable geworden sind, die mitberücksichtigt werden sollte, so der Wissenschaftler: „Wer weiß, ob das für immer ist, aber es scheint noch immer stark nachzuwirken, obwohl Corona im Alltag kaum mehr eine Rolle spielt.“
Corona-Politik wirkt wohl nach
Spannend: Bei anderen Parteien gibt es keinerlei Parallele zwischen Impfstatus und Wahlverhalten auf Gemeindeebene. Allein bei der impfkritischen MFG, die in Niederösterreich kaum eine Rolle spielt, wohl aber in Oberösterreich, kann man einen Trend wie bei der FPÖ feststellen. Die Ergebnisse „stärken die Vermutung, dass die ÖVP da auch für die Corona-Politik bestraft wurde“, so Ennser-Jedenastik.
Wissenschaft plötzlich politisch
„Wir wissen schon länger, dass die Wissenschaftsskepsis in Österreich recht hoch ist“, so Ennser-Jedenastik. Die Pandemie habe ein Schlaglicht auf die Wissenschaft als Basis für politische Entscheidungen geworfen. Dadurch sei die Einstellung zur Wissenschaft stärker zur politischen Handlungsgrundlage geworden.
Wahlmotiv sitzt tief
Dass am Wahltag nur sieben Prozent der FPÖ-Wähler die Einstellung der Partei zu Corona als Wahlmotiv angegeben haben, wundert Ennser-Jedenastik nicht. Wahltagsbefragungen seien nur bedingt aussagekräftig. Eine Wahlentscheidung bilde sich über einen längeren Zeitraum aus. Innerhalb der Pandemie-Jahre habe sich wahrscheinlich aufgrund der Impfthematik die politische Präferenz mancher Leute in eine bestimmte Richtung gedreht. „Das ist schon eingepreist in den Köpfen der Leute“, so Ennser-Jedenastik. Deshalb sei Wahlforschung mehr, als Leute zu fragen, was sie warum gewählt hätten.
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