Samstag, Juli 27, 2024

Hofers Glückspillen aus dem Kofferraum

ZackZack ist noch vor Verkaufsstart in den Besitz von Norbert Hofers “Glückspille” gekommen. Über die Umstände und was er bei einem Besuch in Kärnten selbst zu den brandneuen Kapseln sagt.

Klagenfurt | Wir treffen Norbert Hofer in Klagenfurt in einem Einkaufszentrum nahe des Hauptbahnhofs. Der Ex-FPÖ-Bundesparteiobmann und Dritte Nationalratspräsident gibt hier im Südpark blaue Schützenhilfe für den Spitzenkandidaten Erwin Angerer. Wahlhelfer verteilen Rosen, FPÖ-Lutscher und Gutscheine “für einen Kaffee & einen Krapfen” beim “Kärnten Zuerst Tour Stammtisch”.

Mit einem breiten Lächeln bewegt sich Hofer – in Turnschuhen und Trachtenjanker – in Schlangenlinien durch das Kaffeehaus im ersten Stock, in dem man die Gutscheine auch direkt einlösen kann, von Tischlein zu Tischlein und schüttelt dutzende Hände. Auch an ZackZack kommt er nicht vorbei – wir bitten ihn inmitten der Wahlkampfveranstaltung zu einem kurzen Gespräch.

Hofer, nicht nur der bekannteste Pinkafelder des Landes, Beinahe-Bundespräsident und langjährige freiheitliche Parteigröße, nimmt höflich auf einem Sessel Platz. Über das, was zu Beginn gesprochen wird, werden wir ab nächster Woche im Rahmen einer ausführlichen Reportage-Serie aus Kärnten berichten. Doch dann konfrontieren wir Hofer mit einem völlig anderen, auf den ersten Blick gänzlich unpolitischen und vor allem ziemlich skurrilen Thema, mit dem er in den vergangenen Wochen aufhorchen ließ.

(C) ZackZack/Christopher Glanzl

Das Sackerl im Kofferraum

ZackZack: “Sie bringen ja demnächst diese neue Pille heraus – haben Sie zufällig eine dabei?” – Hofer: “Hier nicht, aber im Auto hab ich eine.” Hofer wendet sich an einen Mitarbeiter, der dem ganzen Gespräch etwas abseits des Tischleins streng und aufmerksam gefolgt ist: “Im Kofferraum ist so ein Sackerl, da hab ich von der Firma so eine Schachtel Formula Fortuna, kannst du das raufbringen?” Der Mitarbeiter: “Im Kofferraum hinten drinnen?”

Und noch während der Mitarbeiter zum Fahrzeug abrauscht, beginnt es aus Norbert Hofer zu sprudeln: “Es ist drinnen: L-Tryptophan, das wird im Körper zu 5-HTP umgewandelt und dann weiter zu Serotonin, aber nur, wenn du ein Vitamin B6 dabei hast, deshalb ist auch Vitamin B6 mit drinnen, dann die Ginseng-Wurzel, dann eben Rosenwurz, die Arzneipflanze des Jahres und… was hab ich noch… das ist es eh.”

Bei einem späteren Abgleich mit den Inhaltsstoffen zeigt sich, dass – vermutlich wegen des Kaffeetrubels – Zink in der Auflistung vergessen wurde. Serotonin gilt im Volksmund als sogenanntes “Glückshormon”. Der Botenstoff wirkt sich auf das Wohlbefinden, auf den Schlaf und die Stimmung aus.

(C) ZackZack/Christopher Glanzl

ZackZack: “Sie haben sich da jetzt extra intensiv in diese Materie eingelesen?” – Hofer: “Ich habe mich schon jahrelang damit beschäftigt.” Plötzlich taucht der Mitarbeiter wieder auf, noch hat er “Formula Fortuna” nicht gefunden, also fragt er seinen Chef erneut. Der wiederholt: “Hinten im Kofferraum ist doch dieses Sackerl, und dieser Karton…” Der Mitarbeiter eilt erneut zur Limousine.

“Hatte den Gedanken beim Autofahren”

Wir erinnern uns in der Zwischenzeit an Kickls Empfehlung für das Pferdeentwurmungsmittel “Ivermectin” und hochdosiertes Vitamin D zur Behandlung von Covid in der Hochphase der Pandemie und wollen wissen, ob es sich beim Hang zu alternativen Mitteln um ein FPÖ-Hobby handelt. Hofer: “Bei mir ist es schon spezieller, mit meinem Weg in den letzten Jahren, vom Rollstuhl heraus nach dem Unfall. Ich hab ganz stark gesetzt auf Schulmedizin, aber auch auf Akupunktur, ich hab alles versucht, was es gibt. Extrem viel Training und Therapie, bis zu sechs Stunden am Tag – und auch Nahrungsergänzungsmittel, die ich genommen hab, weil ich gewusst habe, das kann ein bisserl helfen. Und seit damals nehme ich Nahrungsergänzungsmittel. Und dann hab ich mir gedacht: Das, was ich nehme, gibt es zwar, aber nicht in dieser Kombination.”

ZackZack: “Und dann haben Sie sich sozusagen Ihre Lieblinge in ein Präparat zusammen gemischt?” – “Ich hatte den Gedanken beim Autofahren. Und hab mir gedacht, das mach ich.”

(C) ZackZack/Christopher Glanzl

Wie nimmt man das Nahrungsergänzungsmittel ein? Hofer: “In der Früh und zu Mittag.” Und er setzt nach: “Es stärkt und es ist auch stimmungsaufhellend, das darf man zwar bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht sagen, da muss man bei der Bewerbung genau aufpassen, aber ich kann sagen: Es trägt zu besserer Stimmung bei.”

Und dann senkt er seine Stimme und beugt sich verschwörerisch nach vorne: “Und dann ist da auf der Schachtel ja noch etwas drauf, das ist ja noch gar nicht bekannt.” Auch wir beugen uns nach vorne. “Daneben hab ich nämlich auch eine App entwickeln lassen.” Wir fragen: “Eine Glücks-App?” – “Da ist ein QR-Code auf der Schachtel drauf, mit dem man die App herunterladen kann.” Er weist darauf hin, dass die Anwendung zwar noch im Aufbau sei, in “zwei bis drei Tagen” würde sie sich aber verbessern. “Das weiß noch niemand”, grinst Hofer und zwinkert.

Pillen und Photovoltaik?

ZackZack fragt interessiert weiter: “Ist das mit den Präparaten nun Ihr zweiter Geschäftszweig oder wollen Sie sich generell in diese Richtung weiterentwickeln?” Hofer erklärt: “Ich habe eine Firma mit zwei Partnern, wo wir uns mit Photovoltaik beschäftigen und solchen Themen, in Oberösterreich.” Er hält kurz inne: “Stellen Sie sich vor, ich würde das in China produzieren, dann wäre ich als Politiker erledigt.” Es werde, versichert er, “jede Schachtel einzeln geprüft”. Sich als dritter Nationalratspräsident nebenberuflich zu betätigen ist – anders als für den ersten – nicht verboten.

Wer sind nun Hofers Gesellschafter, mit denen er zusammen das Mittel vertreibt? Laut Firmenbuch firmiert Hofer selbst seit Juli 2022 als Geschäftsführer für die Vitesse Consulting & Management GmbH. Bei den anderen zwei Partnern handelt es sich laut der Datenbank um den Geschäftsführer mehrerer Unternehmen – unter anderem eines Garagentorherstellers sowie einer antibiotikafreien Garnelenzuchtanstalt – und eine Frau, die zufälligerweise denselben Namen wie eine ehemalige FPÖ-Nationalratsabgeordnete trägt.

Amazon-Shop

Am Markt ist das Produkt noch nicht, aber: “Die Palette geht jetzt gerade zu Amazon”, erzählt Hofer. Außerdem finalisiere man gerade diverse Verträge, um auch eine österreichische Plattform zu haben. Und es gebe einen Großhändler, “der großes Interesse hat”. Genaueres könne er dazu noch nicht verraten. Der Vertrieb soll sich allerdings nicht nur auf Online beschränken. Hofer sagt, er träume davon, dass es die Kapseln künftig auch in Drogerien aufliegen. Alle notwendigen Gutachten seien eingeholt worden.

In diesem Moment nähert sich wieder Hofers Mitarbeiter, der endlich erfolgreich war. Er stellt eine nigelnagelneue Packung “Formula Fortuna” auf den Tisch. Neben der Aufschrift “Norbert Hofers Formula Fortuna” strahlt einem ein mindestens so strahlender Norbert Hofer von der Schachtel entgegen.

(C) ZackZack/Christopher Glanzl

Wozu dann aber die App? “Naja, wenn ich in der Früh dies nehme und dann zu Mittag etwas anderes, dann möchte ich doch wissen, ob ich von irgendeinem Mittel mehr als die empfohlene Tagesdosis eingenommen habe oder zu wenig. Und so etwas habe ich nirgends gefunden und deshalb habe ich genau das entwickeln lassen. Da kann ich dann genau schauen: Wie sieht es aus mit meinem Vitamin-B6-Verlauf in den letzten zwei Wochen und so weiter.” Man könne auf die Weise sehen, ob man beispielsweise “schon 140 Prozent seines Selen-Bedarfs am Tag gedeckt” hat. Auch mit Apple Health könne man die Anwendung verknüpfen, prahlt Hofer. Und sogar Auslassungstage verzeiht die derzeit noch semi-professionell daherkommende Nutrition-App, für die sich ZackZack natürlich längst mittels QR-Code registriert hat.

Seine “Formula Fortuna”, berichtet der sichtlich stolze FPÖ-Politiker, nimmt er selbst schon ein. Und wir ab heute auch, denn das Sample aus dem Kofferraum dürfen wir haben. Das Ergebnis des exklusiven Fortuna-Selbsttest folgt in vier Wochen, für so viele Tage sind die vier Blister und 60 Pillen einer Packung ausgelegt. Übrigens: “Formula Fortuna” soll pro Stück um die 25 Euro kosten.

(C) ZackZack/Christopher Glanzl

Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl

Autor

  • Anja Melzer

    Hält sich für die österreichischste Piefke der Welt, redet gerne, sehr viel und vor allem sehr schnell, hegt eine Vorliebe für Mord(s)themen. Stellvertretende Chefredakteurin. Sie twittert unter @mauerfallkind.

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