Samstag, Juli 27, 2024

ÖVP und Kurier: „Salomon ist so arm“

Neue Schmid-Chats liefern Hinweise zur Aktion „Brandstätter raus, Salomon rein“, mit der der „Kurier“ 2018 auf ÖVP-Linie gebracht werden sollte. 

Wien | Am 1. Juli 2018 bedankt sich Thomas Schmid bei Gabi Spiegelfeld: „Danke für den super gemütlichen Nachmittag!“ Thomas Schmid setzt als Generalsekretär im Finanzministerium (BMF) die Wünsche seines Kanzlers und Parteichefs Sebastian Kurz um. Spiegelfeld wiederum arbeitet im Hintergrund als Lobbyistin für die ÖVP und Sebastian Kurz.

„Die ist so arm“

Einen Tag nach dem gemütlichen Treffen schickt Spiegelfeld kurz vor Mitternacht eine Nachricht an Schmid. Sie hat offenbar die Journalistin Martina Salomon vom „Kurier“ getroffen: „Dann Essen mit Salomon – die ist so arm.“

Die Ermittler der WKStA haben die Nachricht dem ÖVP-U-Ausschuss Ende 2022 übergeben, „weil über eine mögliche Einflussnahme auf den Posten eines Chefredakteurs geschrieben wird. Mit Salomon ist wahrscheinlich Martina Salomon gemeint, eine österreichische Journalistin, die seit Oktober 2018 Chefredakteurin des Kurier ist“, wie aus den entsprechenden Unterlagen hervorgeht.

Aber am 2. Juli 2018 ist die Angelegenheit noch nicht entschieden. Schmid fühlt mit der, wie es scheint, Vertrauensjournalistin der ÖVP und fragt Spiegelfeld um 23:20 Uhr: „Wie geht´s ihr? Schafft sie es? So arg, was die mit ihr aufführen.“

Brandstätter soll „den Weg ordentlich frei machen“

Spiegelfeld antwortet sofort. Sie dürfte noch nicht wissen, dass allem Anschein nach die Weichen erfolgreich für Salomon gestellt werden: „Sie wird es wahrscheinlich nicht schaffen… Können wir was machen??? Brandstätter sagt, Kurz bestimmt, wer Chefredakteur wird, können wir uns nicht gefallen lassen. Redakteursrat intern entscheidet scheinbar…“

Helmut Brandstätter ahnt, dass ihn Sebastian Kurz nicht mehr als „Kurier“-Herausgeber duldet. Er kämpft bereits. Unterdessen beschwert sich Schmid bei Spiegelfeld: „Wahnsinn, das ist ja das Letzte. Helmut soll den Weg ordentlich frei machen und sich nicht selber zu einem Opfer stilisieren.“ Spiegelfeld stimmt ihm zu: „Genau das will er – politisches Opfer.“

In seinem Buch „Kurz & Kickl – Ihr Spiel mit Macht und Angst“ hat Helmut Brandstätter schon im Juli 2019 die Kurz-Vorgangsweise bei der „Säuberung“ des „Kurier“ beschrieben: „Entweder wir bringen den Kurier ‚auf Linie‘, wie ja die eindeutige Losung hieß, oder der Verantwortliche muss weg. Ich habe beides gespürt.“ Brandstätter hat erlebt, was im Falle einer Weigerung, auf ÖVP-Linie zu schreiben, geschieht: „Für den zweiten Teil der Strategie, den ‚Kurier auf Linie zu bringen‘, waren (…) Mitarbeiter von Kurz zuständig.“ Darunter auch Schmid? Der ließ eine ZackZack-Anfrage unbeantwortet.

Freund oder Feind

Helmut Brandstätter erzählt „ZackZack“ die Vorgeschichte: „Ich erinnere mich genau, wie Kurz zu mir gesagt hat: ‚Ich erwarte, dass mich der Kurier im Wahlkampf unterstützt. Du bist mein Freund oder mein Feind. Wenn du mein Feind bist, musst du die Konsequenzen tragen.‘ Das war im Juni 2017.“

Kurz soll schon zum Jahreswechsel 2017/2018 Druck gemacht haben. Brandstätter erinnert sich, wie Raiffeisen-Boss Erwin Hameseder ständig am Telefon gewesen sein soll: „Der Kurz hat schon wieder angerufen.“ Brandstätters Antwort sei immer dieselbe gewesen: „Sag dem Kurz, er soll mich direkt anrufen.“ 

Ein halbes Jahr später war es soweit. Der ÖVP-Wunsch wurde dem Anschein nach erfüllt, und Martina Salomon löste Helmut Brandstätter an der Spitze des „Kurier“ ab. Was sagt die Chefredakteurin der Tageszeitung, die derzeit wegen der Kritik rund um politische Farbenspiele bei der angedachten Investigativakademie unter Druck steht, dazu? Stand sie mit Spiegelfeld oder Schmid im Zuge der Postenfrage in Kontakt? Salomon und Spiegelfeld antworteten beide nicht auf ZackZack-Anfragen. 

Titelbild: Hans Punz / APA / picturedesk.com

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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