Nachdem Johanna Mikl-Leitner vergangene Woche der Gratis-Kinderbetreuung noch eine Absage erteilt hatte, präsentierte sich ÖVP-Frauenministerin Susanne Raab am Sonntag als Befürworterin derselben.
Wien/St. Pölten | Vergangenen Donnerstag hatte die ÖVP in Niederösterreich die Koalitionsgespräche mit der SPÖ im größten Bundesland Österreichs „vorläufig gestoppt“. Die vom jungen Sven Hergovich geleitete SPÖ-Niederösterreich hätte laut Mikl-Leitner Forderungen gestellt, bei denen die ÖVP nicht mitgehen könne. Die von der ÖVP abgelehnten Forderungen beinhalteten neben eines Pilotprojekts zur Jobgarantie für Langzeitarbeitslose, einer Preisbremse beim Heizen, eines Anstellungsmodells für pflegende Angehörige und einer Strukturoffensive für vernachlässigte Regionen vor allem die Gratis-Kinderbetreuung.
Mikl-Leitner: Kinderbetreuung „standortschädlich“
Denn das von der SPÖ präsentierte Minimalprogramm sei für das Land Niederösterreich in den Augen der dortigen ÖVP „weitestgehend standortschädlich“, wie Mikl-Leitner zu bedenken gab. Seitens der ÖVP Niederösterreich wollte man deshalb lieber mit der FPÖ und Udo Landbauer koalieren.
Dieser hatte am Freitag um 15:00 per Tweet sein Wahlversprechen wiederholt, Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau zu wählen. Drei Stunden später war das Posting gelöscht und das Wahlversprechen vergessen – die FPÖ stünde zu Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP bereit, so Landbauer.
Raab: Kinderbetreuung „von großer Bedeutung“
Für viele überraschend kam deshalb am Sonntag der Vorstoß von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), die Kinderbetreuung bis 2030 auszubauen. „Das Thema Kinderbetreuung ist eine der größten Herausforderungen für unser Land“, verkündet Raab in einem Instagram-Posting. Sie sei zudem „ein Schlüsselfaktor für die Wahlfreiheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“.
In einigen Postings in sozialen Medien herrschte Verwirrung über die offizielle Position der ÖVP, ein User nannte den ÖVP-Standpunkt gar in Anspielung an Schrödingers Katze “Schrödingers flächendeckende Kinderbetreuung”.
Auch im Tiroler Wahlkampf sorgte das Thema für Stirnrunzeln, da sich ausgerechnet ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem zweiten Lebensjahr aussprach – bis dahin in ähnlicher Form eine Forderung der SPÖ und der NEOS.
Kurz wollte Bundesland aufhetzen
Gänzlich überraschend kommt das Bekenntnis Raabs zur Qualitätsoffensive in der Kinderbetreuung jedoch nicht. Denn schon Thomas Schmid beteuerte in Chats mit Ex-Kanzler Kurz, dass das damals geplante Programm zur Kinderbetreuung unter Ex-Kanzler Kern (SPÖ) „nämlich echt geil“ sei.
Kurz wieder fand das „gar nicht gut“ und fragte: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ Den politischen Erfolg wollte man der Kern-Mitterlehner-Regierung nicht gönnen. Schmid abschließend: „Das muss einer von unseren machen!!!“
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