Montag, April 29, 2024

Kurz in Brüsseler U-Ausschuss-Bericht: Erfolglose Intervention und Nebelkerze

Ex-Kanzler Sebastian Kurz wurde in einem Bericht zum Einsatz der Spionagesoftware Pegasus in Europa erwähnt. Mit einer medialen Nebelkerze versuchte er, den Bericht zu diskreditieren.

Brüssel/Straßburg/Wien | Ein Bericht des EU-Parlaments über den Einsatz der Spionagesoftware “Pegasus” in Europa sorgt für Unruhe im Lager des Ex-Kanzlers Sebastian Kurz. Laut “Standard” (Online) versuchte die Europäischen Volkspartei (EVP) vor einer Abstimmung am Montag die Streichung von Passagen mit Hinweisen auf die Geschäftsverbindungen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in das Umfeld des israelischen “Pegasus”-Herstellers NSO zu erwirken. Trotz ÖVP-Kritik wurde der Bericht am Montagabend angenommen. Das erinnert an die erfolglose Streichungsintervention Kurz‘ hinsichtlich jener Aussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss, die Ermittlungen wegen mutmaßlicher Falschaussage eingeleitet hatte.

Kurz schmeckte das offenbar wenig: Auf Twitter dementierte er Verbindungen zur Wiener Cyberfirma DSIRF und schoss gegen angebliche Falschinformationen in Medien. Allerdings wird die Firma im Bericht nicht im Zusammenhang mit Kurz erwähnt, es wird lediglich festgehalten, dass der Sitz von DSIRF in Wien ist. Was den Pegasus-Hersteller NSO betrifft, hat sich Kurz auf folgende Verteidigung festgelegt: sein nunmehriger Geschäftspartner Hulio habe NSO mittlerweile verlassen.

Pegasus-Befürworter Mandl mit Kritik

Die Warnungen zu Kurz’ Verbindungen mit dem israelischen Unternehmer und NSO-Mitbegründer Shalev Hulio seien “völlig sachfremd und nicht Teil des Untersuchungsgegenstands”, kritisierte der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl gegenüber dem “Standard”. Interessant sind Mandls Aussagen auch deshalb, weil dieser in der Vergangenheit immer wieder offensiv für die Verwendung der umstrittenen Pegasus-Technologie geworben hat – auch im U-Ausschuss, der dubiose Umtriebe mit der Software feststellen sollte. In Brüssel herrscht großes Rätselraten, welche Oppositionspolitiker und Journalisten überwacht worden sein könnten. Die Rede war etwa von der griechischen Opposition.

Ebenfalls im Pegasus-U-Ausschuss saß übrigens die griechische sozialdemokratische Ex-Vizepräsidentin Eva Kaili, die wegen eines Bestechungsskandals ihren Hut nehmen musste. Wie im Dezember 2022 bekannt wurde, sollen auch geheimdienstliche Interessen eine Rolle bei den untersuchten Bestechungs- und Anbahnungsversuchen gespielt haben. Derzeit ist noch unklar, wie stark der geheimdienstliche Arm der Affäre wirklich ist.

Kurz wird elf Mal genannt

Insgesamt wird der Name des früheren Kanzlers laut “Standard” in dem Bericht des Pegasus-Untersuchungsausschuss des Europaparlaments elfmal genannt. Unter anderem bezeichnet der Text den Unternehmer Siegfried Wolf als Wirtschaftsberater von Kurz. Auch die Löschung dieser Passage wurde laut “Standard” von der EVP gefordert. Wolf war bis 2018 Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens Russian Machines, das dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska zugerechnet wird.

Berichterstatterin Hannah Neumann zeigte sich gegenüber dem “Standard” über die Löschungsforderungen der EVP nicht erfreut. “Der fragliche Satz im Bericht zu Österreich stand während der Verhandlungen nie zur Debatte”, betonte die deutsche EU-Abgeordnete der Grünen. “Dass die EVP dieses Fass nun aufmachen will, zeigt erneut, wie abgewirtschaftet die ÖVP ist: Ihr geht es weder um die Wahrheit noch um den Schutz von Grundfreiheiten, sondern allein darum, ihr ramponiertes Image irgendwie zu retten.”

Der 2020 aufgedeckte Einsatz der umstrittenen Spionagesoftware “Pegasus” in manchen Ländern der Europäischen Union hatte zur Einleitung der Untersuchung im Europaparlament geführt. “Regierungen der EU-Mitgliedstaaten haben Spyware gegen ihre Bürger zu politischen Zwecken eingesetzt”, hieß es in dem im November des Vorjahres bekannt gewordenen Berichtsentwurf des Untersuchungsausschusses (PEGA). Entsprechende Hinweise gebe es für Polen, Ungarn, Griechenland, Zypern und Spanien.

Titelbild: HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com

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8 Kommentare

  1. Frau Justizministerin Zadic,
    gebens ihn endlich frei für die Anklage!

    Auf was wart ma denn no h?

    Dass 16 Jahre vergehen, wie bei Grasser… Oder wie???

  2. ER habe von DSIRF nie etwas gehört. Dann hat Kurz zwei Aufgaben nicht gemacht: 1. Marktbeobachtung: DSIRF bedient den selben Markt, in den Kurz mit seinen eigenartgen Investments nun einsteigt. 2. Er liest keine Zeitungen und Nachrichten.
    Alles in allem ist seine Aussage bezeichnend, entweder für seine Unfähigkeit oder für die Unwahrheit, wobei ich die Kombi nicht ausschließe.
    Weiters ist nach wie vor ein politischer Agitator, weil er sich öffentlich dazu zu Wort meldet. Eine Eingabe beim Europaparlament wäre effektiver. Und für sein Geschäft wär es auch besser, wenn er still und heimlich vor sich hin arbeitete. Investoren mögen keine Publicity. Dazu passt, dass er einen Artikel in der Welt veröffentlichen ließ. Auch Agitation.

    Mandl hingegen ist ein irrer Typ, der von Kurz fürs EU_Parlament reingedrückt wurde, und beinahe auch Leiter der ÖVP-Delegation geworden wäre. Kurz wollte den jetzigen ja weghaben. Und dieser kommt zum Schluss drauf, dass Kurz drin steht in dem Bericht. Spricht nicht für seine Lesefähigkeit und seine Arbeitswut. Aber es spricht für seine Loyalität, dass er Kurz, obwohl verheiratet, immer noch die Stange hält. Das Irre daran ist, dass der EU-Parlamentarier die Interessen seines Buddys über die europäische Sicherhet stellt. Und das in Zeiten des Krieges.

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