Samstag, Juli 27, 2024

Schwarzer Dienstag für Benko

Benkos Spiel scheint aus zu sein. Aber warum konnte der Milliarden-Spekulant so lange ungehindert sein Wesen treiben?

Vor kurzem konnte man sich auf der Homepage von SIGNA noch auf Dutzenden Seiten durch das Milliardenreich des Immo-Königs führen lassen. Dann machte René Benko dem „Sanierer“ Arne Geiwitz Platz. Seit Freitag ist alles verschwunden. Wer Benko und seine Immo-Perlen „SIGNA Prime Selection AG“ und „SIGNA Development Selection AG“ sucht, wird sie ebenso wenig finden wie Benkos wichtigsten Handlanger: Alfred Gusenbauer.

Das ist alles, was von SIGNA auf der eigenen Homepage geblieben ist.

Quelle: www.signa.at

So sah es noch vor wenigen Tagen aus:

Quelle: www.signa.at (bereits gelöscht)

Die Dominos fallen

Wochenlang wackelten die Dominos. Dann fiel der erste, in Deutschland. Am Freitagnachmittag hat die „SIGNA Real Estate Management Germany“ beim Berliner Amtsgericht Charlottenburg einen offiziellen Antrag auf Konkurs gestellt. Damit hat die Kettenreaktion begonnen.

Wenige Dominosteine  weiter wartet mit der SIGNA Prime Selection AG das Kernstück des Schachtelkonzerns, in dem sich Renée Benko lange sicher gefühlt hat. Am Nachmittag des deutschen Konkursantrags versammelte sich nach Angabe von „Handelsblatt“ der Aufsichtsrat der SIGNA Prime Selection AG zu einer Krisensitzung. Wenn kein Rettungs-Investor mit zwei Milliarden Euro von Himmel fällt, ist es aus.

Am Dienstag, so heißt es aus SIGNA-nahen Kreisen, ist es soweit. In Finanzministerium und Nationalbank rechnet man damit, dass es ein Schwarzer Dienstag wird.

Benkos Spezis

Wenn vom Kartenhaus nichts mehr steht, rücken Benkos Spezis in Aufsichtsräten, Banken und Politik ins Scheinwerferlicht. Warum haben sie alle zugesehen? Warum sind Strafverfahren gegen Benko von der Pilnacek-Partie abgedreht worden? Warum haben Finanzminister „geduldet“, dass Steuerverfahren beeinflusst wurden? Warum haben Raiffeisen-Banken interne Kredit-Limits ignoriert und Benko mit Krediten überschüttet? Warum haben Aufsichtsräte jedes Aufblasen des Eigenkapitals durch dubiose Bewertungen gedeckt und zugelassen, dass es keine konsolidierte Konzernbilanz, mit der das Hin- und Herschieben von SIGNA-internen Verbindlichkeiten aufgeflogen wäre, gab?

Warum hat es dort, wo normalerweise Kontrolleure wachen, nur Komplizen gegeben? War das nur die ÖVP? Oder war das mehr?

Stationen des Zusammenbruchs

Wie könnte die Kettenreaktion jetzt ablaufen?

Station 1: Die zentralen SIGNA-AG´s und GmbH´s in Innsbruck und Wien melden Konkurs an, weil jedes weitere Verzögern „Konkursverschleppung“ bedeuten könnte. Das Kartenhaus stürzt ein.

Station 2: Ein Gericht stellt die „faktische Geschäftsführung“ durch René Benko fest. Damit ist das Benko-Versteckspiel beendet und der Weg für die Gerichte frei.

Station 3: Der neue Untersuchungsausschuss fordert alle Akten an – und findet auf kurzem Weg Hinweise auf Förderungsbetrug, Untreue und Amtsmissbrauch bei SIGNA, im Finanzministerium und in anderen Ressorts. Das wird auch der Voralpen-Mussolini als Vorsitzender nicht verhindern können.

Station 4: Drei Raiffeisen-Banken müssen ihre Benko-Obligos als Totalverluste abschreiben und schicken Hilfefrufe an die Regierung. Bei „Raiffeisenbank International“ scheint es um rund eine Milliarde, bei den Landesbanken „Oberösterreich“ und „Niederösterreich/Wien“ um je eine knappe halbe Milliarde Euro zu gehen.

Station 5: Die WKStA nimmt die Ermittlungen gegen Benko und seine Partie in Aufsichtsräten und Politik auf.

Und wieder: Gusenbauer

Dem SIGNA-Prime Selection-Aufsichtsrat steht mit Alfred Gusenbauer eine gewichtige Benko-Stütze bei. René Benko hat den Altkanzler mit Millionenaufträgen verwöhnt. Zurecht wird angemerkt, dass die Millionenhonorare, die „News“ dokumentiert hat, nur den Tatbestand der „Verwöhnung“ erfüllen. Gusenbauers Problem liegt ganz woanders – in seinen drei Aufsichtsratsmandaten, über die ZackZack am Freitag ausführlich berichtete.

Der zentrale Vorwurf von Insidern lautet: Hätte Gusenbauer seine drei Vorsitze in zentralen Benko-Aufsichtsräten so ernst genommen wie es das Aktiengesetz vorsieht, hätte er wahrscheinlich schon viel früher heikle Fragen stellen und ein paar Notbremsen ziehen müssen. Die Protokolle der Hauptversammlungen von „SIGNA Prime Selection AG“, „SIGNA Development Selection AG“ und „SIGNA RFR US Selection AG“ dokumentieren nur eine Gusenbauer-Aktivität: Handaufheben. Dafür scheint der Ex-Kanzler zu seinen Benko-Honoraren noch millionenschwere Vergütungen bekommen zu haben.

Sumpf statt Palast

Dort, wo vor wenigen Tagen noch der Benko-Palast geblendet hat, breitet sich ein weiterer türkiser Sumpf aus. Schon jetzt kann man sagen, dass es nicht so weit kommen hätte müssen. Bevor es mit einer Regierung von ÖVP und FPÖ für alles zu spät ist, muss von Bankenaufsicht bis Finanzamt, von Justizministerium bis Oberstaatsanwaltschaft und von ÖVP bis zum geschäftstüchtigen Altkanzler die Verantwortung dafür geklärt werden.

Links:

Handelsblatt zu SIGNA-Aufsichtsrat

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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