Montag, September 16, 2024

Imfarr-Pleite: Hausdurchsuchung und Spur zu Pilnacek

Der Immobilienentwickler Imfarr Beteiligungs GmbH ist insolvent. 2023 kam es auf Drängen deutscher Ermittler zu Sicherstellungen bei Firmen-Managern in Wien. Ein anwaltliches Schriftstück dazu – gerichtet gegen die WKStA – tauchte nun in den Daten des privaten Pilnacek-Laptops auf.

Seit ihrer Gründung 2007 sorgte die Imfarr Beteiligungs GmbH vor allem in Deutschland immer wieder für aufsehenerregende Immobiliendeals – vergangene Woche wurde bekannt, dass das Wiener Unternehmen, bei dem einst Werner Faymann als Investor tätig war, insolvent ist: Über das Firmenvermögen wurde am Handelsgericht Wien ein Sanierungsverfahren eröffnet, es geht um Schulden in Höhe von 604 Millionen Euro bei rund 110 Gläubigern, berichtete die APA.

Laut dem Unternehmen sei man von den negativen Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt „besonders schwer getroffen” worden. Auch geopolitische Unsicherheiten und die Zinsentwicklung führte man ins Treffen. Beobachter zeigten sich jedoch nicht überrascht: “Schon lange gab es viel Geflüster um den desolaten Zustand des Immobilienentwicklers”, schrieb etwa Die Presse.

Durchsuchung im Juni 2023

Wie ZackZack-Recherchen nun ergaben, kam es rund um das Immobilienunternehmen im Juni 2023 zu einer bemerkenswerten Episode, die sogar den verstorbenen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek auf den Plan rief: Auf Verlangen der Staatsanwaltschaft Frankfurt fanden in Wien damals eine Durchsuchung und Handy-Sicherstellungen bei zwei Managern der Imfarr statt. Eine Wiener Anwaltskanzlei bereitete daraufhin offenbar eine Beschwerde im Zusammenhang mit den Zwangsmaßnahmen vor, gerichtet war sie an die WKStA.

Interessanterweise findet sich der Beschwerde-Entwurf samt gelber Markierungen in den Daten des privaten Pilnacek-Laptops, die ZackZack vor Monaten zugespielt wurden. War der suspendierte Sektionschef hier einmal mehr als “Ghostwriter” gegen die WKStA aktiv?

Anordnung aus Deutschland wegen “Adler Group”

“Es gab in diesem Zusammenhang eine Europäische Ermittlungsanordnung”, bestätigt Oberstaatsanwalt Dominik Mies von der Pressestelle der Staatsanwaltschaft Frankfurt gegenüber ZackZack die Durchsuchungs- und Sicherstellungsanordnung vom 26. Juni 2023. Gleichzeitig betont Mies, dass die zwei Manager der Firma sowie das Unternehmen nicht als Beschuldigte geführt werden. Es handelte sich um eine “Durchsuchung bei Dritten”, die laut deutscher Strafprozessordnung bei ermittlungsrelevanten Personen zum Einsatz kommen kann.

Oberstaatsanwalt Mies nennt auch den eigentlichen Hintergrund der Maßnahmen: “Es handelt sich um einen größeren Komplex im Zusammenhang mit der Adler Group. Dabei geht es um den Verdacht der unrichtigen Darstellung, Marktmanipulation, Untreue und Geldwäsche.”

Tatsächlich sorgten großangelegte Ermittlungen gegen den luxemburgischen Immobilienkonzern Adler Group Ende Juni 2023 für Schlagzeilen: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Bundeskriminalamt durchsuchten 21 Firmenobjekte in Deutschland, den Niederlanden, Portugal, Monaco, Luxemburg, Großbritannien und auch Österreich. Bislang war nicht bekannt, wer hierzulande von den Durchsuchungen betroffen war.

Seitens der beiden Imfarr-Manager nahm sich in der Folge offenbar die Wiener Kanzler Böhmdorfer & Schender Rechtsanwälte (der früheren FPÖ-Politiker Dieter Böhmdorfer und Rüdiger Schender) der Sache an. In den Daten des privaten Laptops von Christian Pilnacek findet sich ein entsprechendes Schriftstück mit Briefkopf der Kanzlei. Darin wird ein “Einspruch wegen Rechtsverletzung” beschrieben, der Vorgänge rund um die Auswertung der sichergestellten Telefone beanstandet. Gerichtet ist das Schreiben gegen die WKStA, die offensichtlich für die Vollstreckung der deutschen Anordnung zuständig war.

Der Beschwerde-Entwurf gegen Maßnahmen der WKStA fand sich in den Daten von Christian Pilnaceks privatem Laptop – samt gelber Markierungen.

Ghostwriter Pilnacek?

ZackZack richtete eine Reihe von Fragen an die Kanzlei Böhmdorfer & Schender. Etwa, wie man sich den Fund auf dem Laptop von Pilnacek erklären könne; ob die Übermittlung des Entwurfs an Pilnacek von den Rechtsanwälten gemacht wurde und wenn ja, zu welchem Zweck. Zudem sind in dem neunseitigen Papier einige gelbe Markierungen zu sehen, ZackZack wollte wissen, ob diese von Christian Pilnacek bearbeitet wurden.

Seitens der Kanzlei weicht man hinsichtlich der Pilnacek-Verbindung aus: “Die Verwendung, Verwertung und Veröffentlichung von Ihnen rechtswidrig zugegangen Informationen wäre rechtswidrig.” Auch sonst will man sich nicht zur Sache äußern: “Es handelt sich um private, personenbezogene und nicht nur durch das Anwaltsgeheimnis geschützte Sachverhalte. Die in Ihrer Anfrage genannten Personen sowie das genannte Unternehmen sind und waren nicht Subjekte (in- oder ausländischer) Strafverfahren.”

Es ist jedenfalls nicht das erste Mal, dass brisante Unterlagen am Laptop von Christian Pilnacek Fragen aufwerfen. ZackZack berichtete Anfang Juli über den Entwurf einer parlamentarischen Anfrage der ÖVP an Justizministerin Alma Zadic, der sich ebenfalls in den Datensätzen befindet. Den Recherchen zufolge gab Pilnacek den ÖVP-Abgeordneten im Februar 2023 offenbar Tipps, wie man kritische Anfragen zur WKStA formulieren könne. Die Anmerkungen wurden am Ende tatsächlich eingearbeitet. Nun drängt sich die Frage auf, ob Pilnacek auch in anderen Fällen den “Ghostwriter” gab.

Ex-Minister Ostermayer zog sich aus Geschäftsführung zurück

Die Wiener Imfarr Beteiligungs GmbH war in der Vergangenheit nicht nur für spektakuläre Immo-Deals in Deutschland bekannt, sondern auch durch das Engagement ehemaliger SPÖ-Spitzenpolitiker. So beteiligte sich Ex-Kanzler Werner Faymann mehrere Jahre als Imfarr-Investor, ehe er 2022 ausstieg.

Faymanns enger Vertrauter und früherer Kanzleramtsminister Josef Ostermayer war sogar Co-Geschäftsführer bei der nun insolventen Firma. Sein Ausstieg lag zeitlich nahe an den Durchsuchungen in Wien im Juni 2023 – laut Presse sei er im Mai ausgeschieden, laut Standard sogar erst im Juli. Mehrmalige telefonische Kontaktversuche bei Ostermayer blieben seitens ZackZack bislang erfolglos.


Titelbild: Pixabay

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

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