Samstag, Juli 27, 2024

Teil 5: »Hure der Reichen« traf Sigi Wolfs Steuerberater

ÖVP-Untersuchungsausschuss

Thomas Schmids ehemaliger Kabinettsmitarbeiter, den dieser in Chats “Hure der Reichen” nannte, war am Mittwoch im ÖVP-U-Ausschuss. Er traf sich vermutlich mehrmals mit Sigi Wolfs Steuerberater. 

Wien, 10. März 2022 | Für hochgezogene Augenbrauen und ungläubige Lacher im ÖVP-U-Ausschuss sorgte am Mittwoch Thomas Schmids ehemaliger Kabinettsmitarbeiter Michael K. Im Finanzministerium ist Michael K. derzeit für Steuerpolitik zuständig, im Kabinett, wo er seit 2013 saß, arbeitet er nicht mehr. Der Öffentlichkeit ist er wegen dieser Chats bekannt: „Vergiss nicht, du hackelst im ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen“. Er antwortete Schmid darauf „Danke, dass wir das so offen besprechen können.“

Auf die Frage einer Abgeordneten, ob dieser Umgangston normal gewesen sei, antwortete er, ob man ihm die Chats noch einmal vorlegen könne, er wolle sich diese im Kontext anschauen. Antworten wollte er zunächst nicht und fragte, ob diese Chats überhaupt Gegenstand der Untersuchung seien. Ja, so die Antwort. Sie beträfen das Projekt Ballhausplatz, das als Vorbereitungshandlung relevant sei. Er distanziere sich von dem Chat, seine Antwort sei sarkastisch gewesen, sagte er dann knapp.

Noch andere Fälle wie Sigi Wolf?

Dass er Grund habe, sich vor strafrechtlicher Verfolgung zu fürchten, betonte K. mehrmals. 100.000 Mails von ihm seien in den Händen der Ermittler und sollen ausgewertet werden. Spätestens nach dieser Befragung, werden sie es tun müssen. Denn der Inhalt der Mails dürfte brisant sein. K. versuchte mehrmals, sich wegen der einfachsten Fragen – zum Beispiel „Sehen Sie Wahlkampf als Aufgabe eines Ministeriums?“ – mit dieser Begründung zu entschlagen.

Michael K. war schon sehr früh in die Steuercausa rund um Sigi Wolf involviert. Chats zeigen, wie Thomas Schmid sich mutmaßlich dafür einsetzte, dass Wolf ein Teil seiner Steuerschuld nachgesehen wurde. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Ob es üblich war, dass steuerliche Vertreter mit Wünschen an das Kabinett herantraten? Ja, so Michael K. „Das beginnt bei der Pensionistin, die einen Beschwerdebrief an den Minister schreib, oder beim Kleinunternehmer, der eine Ausnahme will“, sagt er anfangs. Natürlich habe das Finanzministerium Kontakte zu Steuerberatern. Er habe keine Liste geführt wie viele und wie oft diese vorstellig wurden.

Doch so bemühte Kontakte wie im Fall Wolf? Als Kalendereinträge dokumentiert sind mehrere Treffen von K. mit Wolfs Steuerberater, auch Thomas Schmid und Gunter Mayr, Sektionschef für Steuerpolitik und -recht im Finanzministerium (BMF), nahmen an einigen teil. An kaum einen Termin könne er sich erinnern, er wisse auch nicht ob diese trotz Kalendereinträgen stattgefunden hätten. Wo gab es noch solche Bemühungen wie bei Wolf? Es gab andere Fälle, aber er könne sich an keinen konkreten erinnern, sagt K.

Was hat er mit Wolfs Steuerberater besprochen an jenem Termin, an den er sich erinnert? K. berät sich lange mit seiner Anwältin, dann: „Meiner Erinnerung nach ging es darum, dass das Verfahren schon zu lange dauerte.“ Seine Funktion sei lediglich die eines Mediators gewesen.

Ob K. dafür gesorgt habe, dass bestimmte Personen bei dieser Besprechung nicht anwesend waren und dass die Besprechung verzögert wurde? Hier versucht sich der Beamte mit dem Verweis auf die Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung zu entschlagen: „Man kann es so lesen, dass ich dafür verantwortlich war.“ Gab es in der Causa Wolf Weisungen vom Sektionschef? „Keine ausdrücklichen.“ Und „unausdrückliche“?, fragt SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer. Auch hier gibt K. keine Antwort, außer, dass er dazu keine Wahrnehmung habe.

Wie hältst du’s mit der ÖVP?

Auch interessant: Mit Meinungsforscherin Sabine Beinschab hat K. bei einer Studie zusammengearbeitet, und zwar zum Thema Betrugsbekämpfung und Steuervermeidung: „Ich war fachlich eingebunden. Mit einem Kollegen habe ich die Fragen für die Studie erstellt. Ich war nur bei dieser einen Studie involviert.“ Der Begriff Beinschab-Österreich-Tool sei ihm nur aus den Medien bekannt.

Für Gelächter im Saal sorgte im Verlauf der Befragung folgendes: Abgeordneter Krainer fragte Michael K. ob er einer Partei zugehörig sei. Diese Frage wollte K. zuerst nicht beantworten. ÖVP-Abgeordneter Stocker meldete sich um sich zu entrüsten: Die Frage nach der Parteizugehörigkeit sei genauso sensibel zu behandeln wie die Frage nach dem Religionsbekenntnis! Schließlich musste K. antworten: Er sei ÖVP-Mitglied.

(sm)

Titelbild: Helmut Fohringer/ APA Picturedesk

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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