Samstag, Juli 27, 2024

Sobotkas »Mann fürs Grobe« im U-Ausschuss

Am Donnerstag ist es soweit: Michael Takàcs, einst Wolfgang Sobotkas „Mann fürs Grobe“ und nun zweithöchster Polizist Österreichs, wird befragt. Für die Opposition und die Grünen ist er ein Paradebeispiel für eine steile Karriere durch Postenschacher.

Wien, 20. Oktober 2022 | Der Donnerstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss dreht sich stark um das Beweisthema 4, “etwaige Begünstigungen bei der Personalauswahl”. Geladen ist Michael Takàcs, der, so vermuten Opposition und Grüne, vor allem dank ÖVP eine steile Karriere bis hin zu seinem aktuellen Posten als Bundespolizeidirektor gemacht hat.

Danach wird eine pensionierte Abteilungsleiterin aus dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung befragt werden, unter anderem zur schwindenden Personaldecke in der Behörde.

Michael Takàcs: Mann fürs Grobe mit steiler Karriere-Leiter

Auf der Website der ÖVP Groß Enzersdorf, wo Takàcs Gemeinderat ist und 2019 bis 2021 Obmann war, heißt es, er hätte „sein politisches Handwerk“ als Kabinettsreferent bei den Innenministern Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) gelernt. Nicht nur das, er hat den Ruf, Sobotkas „Mann fürs Grobe“ gewesen zu sein.

Ein Chat-Verlauf mit dessen Kabinettschef Michael Kloibmüller aus dem Jahr 2016 belegt das. Darin verspricht Takàcs Kloibmüller, er würde Blut sehen wollen (ZackZack berichtete), weil jemand nicht nach den Vorstellungen von Innenminister Sobotka gehandelt hatte.

Erste Schritte im Innenministerium (BMI) machte der Wiener Polizist in der Öffentlichkeitsarbeit unter Maria Fekter (ÖVP). Danach ging es im BMI steil nach oben: 2013 bis 2017 Polizeireferent, 2015 bis 2017 stellvertretender Leiter der Verkehrsabteilung – unter anderem unter Sobotka –, 2018 bis 2019 Büroleiter im BMI-Staatssekretariat unter Karoline Edtstadler (ÖVP), 2020 bis 2022 stellvertretender Kabinettschef.

2017 bis 2022 war er außerdem Leiter der Landesverkehrsabteilung der Wiener Polizei, eine Besetzung, die umstritten und von Vorwürfen des Postenschachers begleitet war, weil Takàcs als einziger Bewerber kein Polizeioffizier war. Bis zu seinem Amtsantritt als Bundespolizeidirektor im Juli 2022 war Takàcs zuletzt Flüchtlingskoordinator.

Jetzt ist er der zweithöchste Polizeibeamte Österreichs, auf einem Posten, der im Rahmen der jüngsten Polizeireform neu geschaffen wurde. Auch bei dieser Bestellung meldete sich die Opposition zu Wort. „Einmal mehr wird ein Mitglied der ÖVP-Familie in einen höchstrangigen Job im österreichischen Sicherheitsapparat gehievt“, sagte SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner in einer Aussendung und schwor, Takàcs genau auf die Finger zu schauen.

Kürzlich machte Einwallner sein Versprechen mit einer parlamentarischen Anfrage wahr, in der er wissen wollte, wer genehmigt hatte, dass in einem Hof der Rossauer Kaserne ein Straßenschild mit der Aufschrift „Michael Takàcs Hof“ angebracht worden war.

Übrigens: Michael Takàcs war es, der nach dem unfreiwilligen Bad Michael Kloibmüllers Handys das Gerät zur Datensicherung an den Verfassungsschutz übergab. Die Inhalte des Handys (BMI-Chats) haben seitdem tief in die Verstrickungen des BMI mit der ÖVP blicken lassen.

Martina K.: Pensionierte Korruptions-Bekämpferin

Martina K. war bis zu ihrer kürzlichen Pensionierung Leiterin der Abteilung für Prävention, Edukation und internationale Zusammenarbeit im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK). Von ihr erwarten sich NEOS, SPÖ, FPÖ und Grüne Einblicke in das BAK. Die Befragung von K.s ehemaligem Vorgesetzten Otto Kerbl hat NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper dafür genützt, die personellen Zustände im BAK aufs Tapet zu bringen.

Das Direktorat war 2020 bis 2022 interimistisch besetzt, ebenso wie andere leitende Posten in der Behörde, die als polizeiliches Gegenstück zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gilt, länger schon nicht oder nur interimistisch besetzt sind. Andere Stellen sind bereits länger gar nicht besetzt. Der Verdacht von NEOS und Grünen: Das BAK wird unter Federführung des türkis besetzten BMI systematisch lahmgelegt.

UPDATE: Der Artikel wurde um 18.30 Uhr korrigiert um die Information, dass das BAK-Direktorat mittlerweile permanent besetzt ist.

Dieser Artikel wurde um 19.16 Uhr dahingehend korrigiert, dass Michael Takàcs bis 2019 im Staatssekretariat tätig war.

(pma)

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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