Samstag, Juli 27, 2024

Rettet das AKH – und alle anderen Spitäler!

Vor mehr als zwanzig Jahren gab mir ein erstklassiges Spital die Chance, meinen Krebs zu besiegen. Heute schickt dasselbe Spital Krebskranke mit Tumor und zerstörter Hoffnung nach Hause. Jetzt braucht das AKH Hilfe. Kommentar von Peter Pilz.

 

Wien, 21. Dezember 2022 | Wenn der Krebs in der Prostata zu wachsen beginnt, bleibt meist genug Zeit für den rettenden Schritt: die Operation. Beim Warten auf den Tag der OP beginnt man in sich hineinzuhorchen: Wie weit ist er? Ist er noch drinnen oder durchbricht er schon die Kapsel? Ist es schon zu spät?

Bei der rechtzeitigen Operation wird mit der Prostata der ganze Tumor entfernt. Danach ist der PSA-Wert null und der Patient gesund. Niemand musste vor zwanzig Jahren befürchten, dass kurz vor der OP das Personal fehlt oder kein Bett da ist. So habe ich das erlebt.

An der Universitätsklinik für Urologie im Wiener AKH war ich damals in den besten Händen. Ich verdanke dem großartigen österreichischen Gesundheitssystem ebenso viel wie Zehntausende andere, die dort den häufigsten Männerkrebs überlebt haben.

Kein Platz für Krebspatienten

Das war einmal. Damals hieß es „Kein Platz für Krebs“, heute „Kein Platz für Krebspatienten“. Operiert wird nur noch, wer danach schon ein sicheres Bett in der Klinik hat. Seit gestern hat die Universitätsklinik für Urologie am AKH auf Notbetrieb umgestellt. Ausgenommen sind nur akute Notfälle.

Derselbe Bericht kommt gerade aus Berlin. Dort geht mit der Charité eines der berühmtesten Spitäler der Welt in den Notbetrieb. Von Berlin bis Wien sind die Spitäler am Ende. Ärzte und Pflegerinnen haben bis zuletzt gekämpft. Jetzt geht es nicht mehr.

Sieben Gründe für eine Krise

Spitalsverwaltungen und Gesundheitspolitiker kennen die Gründe, die ich schon am Sonntag beschrieben habe:

  • OP-Tische werden gesperrt, weil OP-Schwestern ausfallen;
  • Ganze Bettenstationen sind wegen Pflegemangels gesperrt;
  • Ärzte telefonieren täglich bis zu vier Stunden, um Betten für „Außenlieger“ auf „Fremdstationen“ zu suchen;
  • Visiten quer durch die Türme des AKH werden zu stundenlangen Wandertagen;
  • Rettungssperren werden verhängt, Patienten abgewiesen;
  • Gut ausgebildete junge Pflegerinnen verzweifeln nach wenigen Monaten und geben den Beruf auf;
  • Ausbildung und Forschung finden nicht mehr statt.

Von Wien bis Salzburg und Graz kennt jeder in den Spitälern die nächsten Abteilungen, die am Ende sind. Ärzte und Pflegerinnen stehen auf, Manager und Politiker sitzen aus.

Das AKH-Management geht dabei noch einen Schritt weiter. Auf die Gefährdungsanzeige der urologischen Abteilung reagierte der AKH-Chef nicht mit Hilfe. Er schickte die Innenrevision. Mehr als eine vor dem Notbetrieb mussten sich die überlasteten Ärzte noch einer Klinik-Visitation unterziehen lassen.

Jetzt versucht die AKH-Spitze, die Innenrevision als erste Antwort auf die Entscheidung der Klinik, in den Notbetrieb zu gehen, zu verkaufen. Aber das scheitert an einem Detail: Die Innenrevision wurde vor mehr als einer Woche, als vom Notbetrieb noch keine Rede war, durchgeführt. Von Betroffenen wird sie als Strafaktion und nicht als Hilfe gesehen.

Aufwachen

„Wenn alle den Mund halten, können alle weitermachen.“ Nach diesem Motto haben Generationen von Spitalsmanagern und ihren Politikern beschwichtigt, weiter „eingespart“ und weggesehen. Jetzt geht das nicht mehr.

Wir können uns unsere Spitalsmanager, Stadträte und Minister nicht aussuchen. Aber wir können sie zwingen, aufzuwachen und endlich etwas zu tun. Eines hat sich nicht geändert: Ärzte und Pflegerinnen sind genauso gut und engagiert wie damals. Sie haben viele konkrete Vorschläge, die man sofort umsetzen kann – damit Krebskranke, die ihr Leben lang in die Sozialversicherung eingezahlt haben, nicht um Klinikbetten betteln müssen.

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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