Freitag, März 29, 2024

Gutachten: »NÖ-Landesrechnungshof hat zugedeckt«

In der niederösterreichischen ÖVP-Inseraten-Causa liegt nun ein Gutachten des Verfassungsexperten Heinz Mayer vor: Der Landesrechnungshof habe seinen Auftrag “klar verfehlt”.

Wien, 18. Jänner 2023 | „Der Rechnungshof hat nicht aufgedeckt, sondern zugedeckt“, urteilt Verfassungsexperte Heinz Mayer über die Prüfberichte des niederösterreichischen Landesrechnungshofs (LRH) zu Inseratenschaltungen landeseigener Unternehmen. Er hat ein Rechtsgutachten zu den jüngst vieldiskutierten Prüfberichten erstellt und die Ergebnisse am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit SPÖ-NÖ-Landesparteivorsitzendem Franz Schnabl präsentiert.

Das Argument des LHR, wegen des Datenschutzes keine Aufschlüsselung der Vergaben nach Medium geliefert zu haben, lässt Mayer nicht gelten. Die SPÖ möchte am Mittwoch im Landtag gemeinsam mit der FPÖ, den Grünen und den NEOS einen Antrag auf eine Neuprüfung einbringen. Es werde „hier etwas verheimlicht, was notwendigerweise aufgeklärt werden müsse“, sagte Schnabl.

Öffentliches Transparenz-Interesse

„Ich habe schon große Bedenken gegen die Argumentation, Inserate sind ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis“, sagte Mayer. Jedenfalls sei er zum Urteil gekommen, weil die betreffenden Unternehmen vollkommen oder mehrheitlich im Eigentum des Landes stünden, wiege das Interesse der Öffentlichkeit nach Transparenz höher als jenes der Medien, ihre Inseratengeschäfte geheim zu halten. Das Kontrollinstrument habe seine Prüfauftrag klar verfehlt, urteilte Mayer.

Die Berichte des LHR seien nicht verwertbar, weil sie nicht ermöglichten, einzelne Inseratenschaltungen nach Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu beurteilen.

“Macht mich misstrauisch”

Einerseits habe der Europäischer Gerichtshof (EuGH) 2010 festgestellt, dass bei juristischen Personen der Datenschutz reduziert ist, das gelte erst recht, wenn sie in öffentlichem Eigentum stehen, argumentierte Mayer. Außerdem müsse die Rundfunk-Aufsichtsbehörde KommAustria vierteljährlich veröffentlichen, wie hoch die Inseratenausgaben von Unternehmen waren, welche der Kontrolle des Bundes-Rechnungshofs unterliegen – auf Basis des Medientransparenzgesetzes. Der LRH hätte weniger Informationen geliefert als die KommAustria, sagte Mayer: „Das macht natürlich misstrauisch.“

Zwar stehe in der Landesverfassung, dass er Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur in Zusatzberichten behandeln dürfte, der nur dem Rechnungshofausschuss vorzulegen ist. Auch auf nationaler Ebene muss der Rechnungshof vertraulich mit diesen Informationen umgehen. Aber „nirgendwo ist gesagt, dass solche Dinge überhaupt nicht vom Rechnungshof kundgemacht werden dürfen“, so Mayer.

SPÖ könnte zu Bundes-Rechnungshof gehen

„Wir verlangen vom zuständigen Kontrollmedium alle Informationen, die es dann möglich machen, auch tatsächlich die Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu prüfen“, sagte SPÖ-Landesparteiobmann Schnabl. Sollte der LHR die entsprechenden Daten auch im neuen Bericht nicht liefern, werde man zusammen mit SPÖ-Nationalratsabgeordneten den Bundes-Rechnungshof beauftragen, die Inseratenschaltungen zu überprüfen.

Außerdem möchte die SPÖ Niederösterreich einen Gesetzesantrag formulieren, solche Inseratenschaltungen zu verbieten, sprich: Werbeschaltungen von mindestens mehrheitlich landeseigenen Unternehmen in parteinahen Medien. Vor dem Hintergrund des Niederösterreich-Wahlkampfs, der Diskussion um Kostenobergrenzen und deren Überschreitung durch die ÖVP, plädierte Schnabl außerdem für höhere Strafen. Wird die Grenze einmal überschritten, soll die jeweilige Partei für zumindest ein Jahr keine Landesparteiförderung bekommen. Falls es wiederholt passiert, soll die Partei Schnabls Ansicht nach vollkommen gestrichen werden. Damit hätten Parteien nicht mehr nur „eine kleine Gebühr“ als Konsequenz zu befürchten.

Rohbericht enthielt genaue Infos

In der Affäre ermittelt mittlerweile die Staatsanwaltschaft gegen unbekannte Täter – ZackZack berichtete. Was jedenfalls Fragen aufwirft: In der Rohfassung des Berichts, die ZackZack vorliegt, waren genaue Aufschlüsselungen der Vergaben an diverse Medien noch enthalten. In den letztlich veröffentlichten Berichten waren nur noch die aufsummierten Vergabesummen an Online-, Rundfunk- und Printmedien angegeben.

(pma)

Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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15 Kommentare

  1. Das ist doch ein ziemlich klarer Fall von Amtsmissbrauch im Landesrechnungshof. Da gehört der verantwortliche Entscheidungsträger identifiziert und zur Verantwortung gezogen.
    Und wenn die ganze niederösterreichische Inseratenkorruption endlich zur Anklage gelangt, also “unbekannt” zu “wohlbekannt” geworden ist, erwarte ich mir, dass 60% der Landtagsabgeordneten Neuwahlen beschließen.
    Man kann nicht zulassen, dass diese Bagage noch zwei Wochen lang alles zudeckt und torpediert und dann eine volle Legislaturperiode so weiter macht, als ob nichts gewesen wäre.

    • NÖ-landesvertragsbedienstete müssen gem. der landesverfassung mit fleiss, sorgfalt und unparteilichkeit zu werke gehn. hier wurde nicht amts-miss-brauch betrieben in deren augen, weil die prölleten der meinung sind, ignoranz+nixtun+nichtmachenschaften weder gebrauch noch missbrauch darstellen höhö prölleten sind allergisch auf verantwortung – maw wennst was sein willst und nix kannst wirds schwierig im normalen leben. no na ned dass die frau landeshauptmännin alles in ihrer macht hingegen tun wird, dass ja nicht der proporz in NÖ aufgehoben wird… as simple as that

  2. Das müssen doch alles strafrechtlich verdächtige Vergehen sein?
    So sind wir nicht, aber anscheinend der dortigen Rechnungshof doch?

  3. Unser Steuergeld für dieses Gutachten von Prof. Mayer hätte sich Schnabl sparen können, weil es in der neuen Normalität dieser Republik, leider keine unabhängige Kontroll- bzw. Sanktionsinstanz gibt, welche selbige Missstände zu sanktionieren in der Lage gewillt ist. Der Bruxist in der Hofburg wacht nicht über die Einhaltung der Verfassung, sondern sieht beim Brechen selbiger weg und stellt sich tot. Auch die Justiz ist auf Linie, quasi alles stabil halt.
    Im Übrigen gilt selbiger Missstand auch für den Wiener Landesrechnungshof…
    Es sollte dringend heller werden!

    • Lieber Beobachter, mögliche Antwort von Mikl-Leitner: “Das ist eine politisch motivierte Intrige, als Beweis habe ich heute ein entlastendes Telefonat mit Sobotka aus dem Jahr Jahr 2010 dem ÖVP-Ethikrat vorgelegt”.

      • Liebe Summa summarum, bei dieser Wahl wird MiLei noch einmal mit einem “blauen” Auge davonkommen. Auf lange Sicht hat selbige aber nicht die “Klasse” vom Onkel Erwin, jedes Verbrechen lächelnd zu rechtfertigen. Die Uhr tickt…
        Es sollte aber dringend heller werden!

        • Meinen Sie mit “blauem Auge” Landbauer als Vize? Waldhäusl ist ja untadelig, insofern…

          • Liebe Summa summarum, Sie haben richtig kombiniert. Ich würde meinen mit selbigem hätte MiLei keine großen Auffassungsunterschiede…
            Es muss dringend heller werden!

  4. Nur wer korrupt ist, kann sich noch die weiße Weste leisten, die er dann nicht mehr braucht. (Erhard Blanck)

    Die ÖVP (ich schreibe das im vollen Bewusstsein, auch nachdem die Landehauptfrau meint, nicht Teil dieser “politischen Bewegung” zu sein) ist mittlerweile dermaßen im Sumpf versunken, es bleibt nur noch die Möglichkeit einer Trockenlegung, der eben diese korrupte, mafiöse Organisation niemals freiwillig zustimmen kann, also macht diese Partei das naheliegendste, sie reißt ganz Österreich mit in den Abgrund. Eine erbärmlich, hinterhältige und absolut untragbare Handlung. Vermutlich wäre es an der Zeit, Herrn vdB sanft die Tatsache zu überbringen, “ihr seid doch so.” Allen anderen kann man keine aufmunternden Worte mitgeben, denn dieses Land ist schlicht verdorben und verloren.

    • Dieses, erwünschte, Trockenlegen wird leider Jahrzehnte dauern.
      Zu lange hat die schwarze Brut ihr Netzwerk über Österreich gespannt.

  5. Wen wundert das noch?
    Die schwarze Brut gehört auf Jahre auf die Oppositionsbank, wenn nicht vor Gericht.

  6. Es stellt sich nur eine einzige Frage sind diese LRH-Beamtem dem Landtag oder der ÖVP verantwortlich? Antwort vom Land/Steuerzahler bezahlt der ÖVP verantwortlich.

  7. Oh, endlich wird einmal darüber berichtet, was die SPÖ in Niederösterreich macht, und was Feanz Schnabl sagt.

    Bitte öfter!

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