Samstag, Juli 27, 2024

NÖ-Unternehmen wirbt auf selber Seite doppelt – ÖVP-Inserate

Nach ZackZack-Berichten zu überteuerten Inseraten fällt ein weiteres Unternehmen im Eigentum des Landes Niederösterreich mit teils fragwürdigen Anzeigen in ÖVP-Blättern auf. Eine Kampagne sticht besonders hervor.

 

Daniel Pilz

Wien, 24. Jänner 2022 | Die Niederösterreichische Versicherung (NV) schaltete seit Herbst 2017 in den beiden Zeitschriften „Sicher in NÖ“ und „Jung“ Inserate über mindestens 88.000 Euro, wobei der Preisspiegel zeigt: Im Vergleich zu den größten niederösterreichischen Zeitungen hat man pro Inserat offensichtlich deutlich mehr hingeblättert. Das ergaben Auswertungen von ZackZack. Beide Magazine gehören dem ÖVP-nahen INNOVA-Verlag, der auch Medieninhaber der ÖVP-Zeitschriften „partei:intern“ und der „Niederösterreich Zeitung“ ist.

Aber auch in anderen Magazinen fällt die NV mit sonderbaren Inseraten auf. Dazu gleich mehr.

ÖVP-Verbindungen

Einziger Aktionär der NV ist die LK-NÖ Holding GmbH, die zu 100 Prozent im Eigentum der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer steht. Deren Präsident ist der ÖVP-Abgeordnete Johannes Schmuckenschlager. Der Aufsichtsrat in der NV selbst setzt sich zum einen aus Personen aus dem Umfeld der ÖVP-dominierten Landwirtschaftskammer zusammen. Mit Wolfgang Viehauser sitzt zudem eine Person im NV-Aufsichtsrat, die auch Teil des Vorstands der Hypo NOE Landesbank für Niederösterreich und Wien sowie Aufsichtsrat in der NÖ Kulturwirtschaft ist. Beide Unternehmen inserieren neben der NV ebenfalls großzügig in ÖVP-nahen Zeitschriften. Auch die Hypo NOE gehört zu 100 Prozent dem Land Niederösterreich.

Überteuerte Preise

Ins Auge stechen die hohen Preise der Inserate in „Jung“ und „Sicher in NÖ“, besonders im direkten Vergleich mit bekannteren Printmedien. Um 1.000 Leser mit einer ganzseitigen Werbung zu erreichen, zahlt man bei der Niederösterreichischen „Krone“ 42,9 Euro, bei allen Regionalausgaben der Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) zusammen 58,9 Euro. Es sind die beiden größten Printmedien in Niederösterreich.

Beim INNOVA Verlag sind die Leser allerdings beträchtlich teurer: Für 1.000 Leser bei „Jung“ muss man 175 Euro hinblättern, bei „Sicher in NÖ“, das laut Selbstbeschreibung bei einer Auflage von 15.000 „eine Leserschaft von 100.000 Interessierten“ erreicht, kosten 1.000 Leser gemessen an der verbreiteten Auflage ganze 600 Euro. Dass „Sicher in NÖ“ tatsächlich 100.000 Interessierte erreichen könnte, ist bei einer Auflage von 15.000 selbst für Berechnungen des INNOVA Verlags unrealistisch. Denn für das Magazin „Jung“ berechnen die Medieninhaber ein gänzlich anderes Verhältnis zwischen Auflage und Reichweite. Aus einer Auflage von 21.900 „ergibt sich eine Leserschaft von ca. 20.000“, so die Selbstbeschreibung des INNOVA Verlags.

Doppeltes Inserat auf selber Seite

Dem Geschäftsbericht der NV für 2021 ist zu entnehmen, dass die Risikobewertung „die abteilungsinternen Kontrollen auf Vollständigkeit und Effizienz überprüft“. Doch wie effizient sind Inserate in ÖVP-nahen Medien, die bis zu zehnmal so viel kosten wie in der „Kronen Zeitung“? Ein Beispiel macht besonders deutlich, dass zumindest Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Schaltungen angebracht sind. Nicht nur beim INNOVA Verlag, sondern auch bei „Endlich FREI-ZEIT“, dem ÖVP-nahen niederösterreichischen Seniorenmagazin, ist die NV einer der größten Inserenten. Seit September 2021 schaltete man dort bezahlte Anzeigen zum Preis von mindestens 19.500 Euro. Die drittelseitigen Minianzeigen am Ende des Magazins fehlen in keiner Ausgabe im angegebenen Zeitraum. Dabei gab man sich offenbar wiederholt Mühe, nicht die billigste Option zu wählen. Denn anstatt in den beiden Regionalausgaben von „Endlich FREI-ZEIT“ zweidrittelseitige Inserate zu schalten, entschied man sich seitens der NV wiederholt für zwei einzelne und damit deutlich teurere, drittelseitige Inserate.

Auf Anfrage betonte die NV gegenüber ZackZack „vielfältige Kommunikationsmaßnahmen“ zu pflegen. Unter anderem auch „Insertionen in Medien mit starkem Niederösterreich-Bezug“. Auch Wirtschaftlichkeit spiele eine Rolle: „Bei jeder unserer Werbemaßnahmen achten wir auf eine entsprechende Breitenwirksamkeit und eine dem Ressourceneinsatz entsprechende Werbeleistung“, versicherte man, ohne auf die angefragten Inserate beim INNOVA Verlag näher einzugehen: „Über einzelne Projekte bzw. Werbemaßnahmen können wir vor allem in Hinblick auf die anderen Marktteilnehmer keine Auskunft geben. Wir versichern Ihnen aber, dass wir unsere Entscheidungen aus eigenem Antrieb und ausschließlich gemäß den vorgenannten Grundsätzen treffen.“

Wohnhaus am Stadtrand

Bleibt noch der Verlag. Geschäftsführer des INNOVA Verlags ist Gerhard Schlack. Der gut vernetzte Niederösterreicher ist auch bei der ÖVP kein Unbekannter, lukrierte als Geschäftsführer der Media Contacta Agentur Aufträge ohne konkrete Ausschreibung, wie der Standard berichtete. Neben den objektiv erscheinenden Magazinen „Jung“, das vormals unter dem Namen „Juno“ von besagter Media Contacta produziert wurde, und „Sicher in NÖ“, die beim Durchblättern vor allem durch Werbung für die Landespartei auffallen, ist der INNOVA Verlag auch Medieninhaber der ÖVP-Zeitschriften „partei:intern“ und der „Niederösterreich Zeitung“.

Der Verlag operiert in einem Wohnhaus abseits der St. Pöltner Innenstadt. Rückschlüsse auf dessen Nähe zur ÖVP gibt auch die ehemalige Adresse Niederösterreicherring 2, wo auch heute noch einige Unternehmen im Eigentum des Landes Niederösterreich ihren Sitz haben. Mit dabei: Die Niederösterreich-Werbung GmbH, die bereits mit sonderbaren Inseraten im INNOVA Verlag auffällig geworden ist.

(dp)

Titelbild: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com

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  • DanielPilz

    Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.

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