Wegen Schmid-Farce
Seine Ladung für Mittwoch hat sich Gerhard Karner mit der Einschätzung eingehandelt, Thomas Schmid sei nicht polizeilich vorzuführen. Nach ihm muss Elisabeth Köstingers Ex-Generalsekretär Gernot Maier eine zweite U-Ausschuss-Runde drehen.
Wien, 05. Oktober 2022 | Am Mittwoch eröffnet Innenminister Gerhard Karner den U-Ausschuss-Tag. Er hat sich zuletzt den Unmut von SPÖ, FPÖ, NEOS und Grünen zugezogen, weil er der Parlamentsdirektion ausgerichtet hatte, es gebe für eine polizeiliche Vorführung Thomas Schmids keine gesetzliche Grundlage.
Danach ist erneut Gernot Maier geladen, der seit vier Jahren Elisabeth Köstingers beruflicher Weggefährte ist. Außerdem kommt der Leiter der Finanzabteilung der Bundes-VP. Er wird wohl nach möglichen Geldflüssen von Bundesorganen zugunsten der ÖVP gefragt werden, zu Spenden an die Partei und zum im Juni stark verspätet abgegebene Rechenschaftsbericht der ÖVP für das Wahlkampfjahr 2017.
Karner als Schmids “Fluchthelfer”
Gerhard Karner wäre wohl nicht vor den U-Ausschuss geladen worden, hätte er der Parlamentsdirektion nicht Anfang September ein Schreiben betreffend polizeiliche Vorführung von Schmid zukommen lassen. Darin stand, dass aus Sicht des Innenministeriums keine gesetzliche Grundlage für eine solche Vorführung des Ex-ÖBAG-Chefs vor den U-Ausschuss bestehe.
Dabei ließ man eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 8. August außer Acht, die das Gegenteil festgestellt hatte. Das brachte Karner die Kritik der SPÖ-Fraktion ein, “Fluchthelfer” für Thomas Schmid zu sein. Prompt sah sich Karner am 6. September, dem ersten U-Ausschuss-Tag nach der Sommerpause, selbst mit einer Ladung konfrontiert. Einen Termin unmittelbar am Tag darauf konnte er aus zeitlichen Gründen nicht wahrnehmen.
Nun liegt das Ereignis weit außerhalb des Untersuchungszeitraums. Die Einsetzungsminderheit erwartet sich aber auch Antworten zu den Ermittlungen berüchtigter Einheiten wie der SOKO Tape oder der AG Fama, dem Zustand des Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, Postenbesetzungen in Sicherheitsbehörden und Auftragsvergaben.
Noch ein Detail ist bei Karner beachtenswert: Er ist der jüngste einer Reihe von Innenministern der mächtigen Volkspartei Niederösterreich. Er war 2003 bis 2015 Landesgeschäftsführer der NÖVP, 2015 bis 2021 Zweiter Landtagspräsident im Bundesland. Seit 2000 gab es neun Innenminister, die von der Volkspartei nominiert wurden (den rein formell parteiunabhängigen Innenminister der Übergangsregierung nicht eingeschlossen).
Davon stammen sechs aus der niederösterreichischen Volkspartei, darunter die aktuelle Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka.
Köstingers Weggefährte
Gernot Maier begleitete Ex-Landwirtschafts- und Tourismus-Ministerin Elisabeth Köstinger ab 2018 zunächst als Kabinettschef, ab 2020 als Generalsekretär. Maier war bereits im Juni vor den U-Ausschuss geladen, am selben Tag wie seine Ex-Chefin. Weil deren Befragung aber so lange dauerte, kommt Maier nun ein zweites Mal.
Maiers Befragung dürfte an jene Köstingers anschließen. Neben Inseraten aus dem Landwirtschaftsministerium an die „Bauernbundzeitung“ und die „Forstzeitung“ – man vermutet verdeckte Parteispenden – dürften Aufträge an das Meinungsforschungsinstitut Demox Thema sein. Geschäftsführer der Firma ist seit 2018 der ehemalige Wiener Bauernbund-Direktor Paul Unterhuber.
Die Fraktionen abseits der Volkspartei vermuten, dass die ÖVP parteipolitische Fragen an vom Ministerium beauftragte Studien angehängt haben könnte. Gernot Maier soll Mails zufolge Angebote eingeholt und parteipolitische Fragestellungen direkt abgesprochen haben. Bei ihrer Befragung im Juni sagte Köstinger zu dem vorgelegten Mail, sie sehe es zum ersten Mal und sei in die Themenausgestaltung der Umfragen nicht involviert gewesen.
Auch spannend: Gernot Maier war als Kabinettschef nicht wie gewöhnlich beim Ministerium angestellt, sondern per Arbeitsleihvertrag. Das geht aus den Antworten Köstingers auf parlamentarische Anfragen hervor. Damit soll er sich ein besseres Gehalt gesichert haben. Neben Maier haben auch Kabinettsmitarbeiter in anderen Ministerien von diesem Konstrukt profitiert. Aber NEOS wollen die Praxis öffentlich thematisieren.
Mit Köstingers Rücktritt im Mai 2022 endete Maiers Karriere im Landwirtschaftsministerium (BMLRT). Köstinger und Maier bleiben allerdings weiterhin beruflich verbunden: Wie die Ex-Ministerin wechselte auch Maier im September zum Finanzdaten-Unternehmen Mountain-View Data des schillernden Investors Christian Baha. Sie sind dort beide Geschäftsführer.
(pma)
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