Samstag, Juli 27, 2024

Packt Thomas Schmid im U-Ausschuss weiter aus?

Das ist eine Unterüberschrift

Am Donnerstag steht ein besonderer Befragungstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss an: Thomas Schmid kommt. Im Vorfeld gab es deswegen bereits Konflikte zwischen den Behörden und der ÖVP rund um mögliche Fragen.

Wien, 03. November 2022 | Am Donnerstag haben die Parteifraktionen Thomas Schmid endlich dort, wo ihn viele Abgeordnete schon lange haben wollten: im U-Ausschuss als Auskunftsperson. Dort soll der Mann, den die Öffentlichkeit wegen seiner verhängnisvollen Chatnachrichten kennt, den Fraktionen erstmals seine Sicht der Dinge schildern.

U-Ausschuss-Phantom Schmid

Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chef Schmid hatte in der Vergangenheit zwar schon im Ibiza-U-Ausschuss ausgesagt, aber alle Ladungen für den darauffolgenden ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ignoriert.

Nachdem Mitte Oktober öffentlich wurde, dass Schmid bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auspackte und die ÖVP sich seitdem alle Mühe gibt, Schmid als Lügner hinzustellen, der Personen aus Eigeninteresse belaste, erscheint er am Donnerstag nun doch im Ausschuss.

Wahrheitspflicht soll Klarheit bringen

Auch wenn viel von Schmids Aussagen bei der WKStA bereits öffentlich sind, dürfte seine Sicht der Dinge interessant werden. Denn er kennt die Regierungsarbeit der ÖVP durch seine Laufbahn nur allzu gut: Er war zu Beginn der 2000er Sprecher von Finanzminister Karl Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) gewesen, wurde später Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium, und war mit dabei, als es darum ging, die türkise ÖVP an die Macht zu bringen – bis seine umstrittene Bestellung zum ÖBAG-Chef schließlich seine Endstation wurde.

Die Opposition erwartet sich von der Befragung vor allem, dass Schmid im U-Ausschuss seine bereits vor der WKStA getätigten Aussagen unter Wahrheitspflicht bestätigt. Die Abgeordneten erwarten, dass er redet, er könnte sich aber auch wegen der gegen ihn laufenden Ermittlungen entschlagen.

Nach ÖVP-Weigerung: Justizministerium ruft VfGH an

Seine Befragung könnte indes aus einem anderen Grund heikel werden. Weil Schmids Einvernahme bei der WKStA noch nicht abgeschlossen ist, befürchtet die Anklagebehörde, dass bestimmte Fragen im U-Ausschuss die Ermittlungen gefährden könnten. Dabei geht es um Fragen zu Themen, zu denen Schmid von der WKStA noch nicht einvernommen wurde.

Die WKStA bat die Fraktionen deshalb darum, Schmid nur anhand einer bestimmten Themenliste zu befragen. Alle Fraktionen stimmten zu – nur die ÖVP nicht. Ausgerechnet jene Fraktion, die sich bisher nach Kräften bemühte, die Fragen anderer Abgeordneter durch ständige Geschäftsordnungsdebatten zu blockieren, meint nun, sie wolle das Kontrollrecht des Parlaments nicht einschränken lassen.

Am Mittwoch sagte das Justizministerium dann, es rufe den Verfassungsgerichtshof (VfGH) an und stellte einen Prüfantrag. Laut Justizministerium müsse der U-Ausschuss dadurch bei bestimmten Fragen an Schmid die Entscheidung des VfGH abwarten, was mehrere Wochen dauert. Dadurch wären Fragen zu Themen blockiert, zu denen die WKStA Schmid noch nicht befragt hat.

ÖVP stellt Schmid als Lügner hin

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger meinte dazu im “Ö1-Morgenjournal” am Donnerstag, die ÖVP werde sich auch dadurch nicht “die Fragen beschneiden lassen”. Was gefragt werden kann, entscheiden aber letztendlich Verfahrensvorsitz und Verfahrensrichter.

In seinem Eingangsstatement vor dem Beginn des U-Ausschusses am Donnerstag, sagte Hanger, die ÖVP weise den Vorwurf der Behinderung der Ermittlungen zurück. Am Donnerstag  werde man Sachverhalte auf den Tisch legen,  “aus denen sehr klar hervorgeht, dass Thomas Schmid ein Lügner ist”.

Die Befragungsthemen

Für die Befragung bleiben jedenfalls genug Themengebiete übrig. Schmids Aussagen bei der WKStA werden im Mittelpunkt stehen, mit denen er nicht nur Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und führende ÖVP-Politiker wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka oder Klubchef August Wöginger, sondern auch einflussreiche Unternehmer.

Während die Grünen sich vor allem für René Benko, sein Unternehmen Signa und für damit zusammenhängenden mutmaßliche Steuerinterventionen interessieren, wird sich die SPÖ auf den Unternehmer Sigi Wolf konzentrieren – auch bei ihm stehen mutmaßliche Steuererleichterungen im Raum.

Für die Inseratencausa rund um das „Beinschab-Tool“ und die Zeitung „Österreich“, interessieren sich sowohl SPÖ als auch FPÖ. Hat Ex-Kanzler Kurz von dem Tool gewusst oder es gar in Auftrag gegeben, wie Schmid gegenüber der WKStA sagte? Die FPÖ wird erneut Fragen zum „Projekt Ballhausplatz“ stellen, „um nachvollziehbar zu machen, wie das System Kurz funktioniert hat“. Neos wollen sich generell auf die Themen Inseratenvergabe und Postenkorruption konzentrieren.

Vorsitzender Sobotka nicht bei Schmid-Befragung

Wolfgang Sobotka, der als Vorsitzender des U-Ausschusses von der Opposition wegen parteiischer Vorsitzführung kritisiert wird, wird von Schmid damit belastet, bei einer Steuercausa interveniert zu haben, was der Nationalratspräsident bestreitet. Bei Schmids Befragung wird Sobotka den Vorsitz nicht führen. Sobotkas Entschuldigung: eine “seit langem geplante Auslandsreise”.

Den Ausschussvorsitz übernimmt am Donnerstag Doris Bures von der SPÖ.

(sm)

Titelbild: HANS PUNZ / APA / picturedesk.com

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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